22.04.2021 15:24 | taz - die tageszeitung | Presseschau
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Putins bizarre Parallelwelt, Kommentar von Barbara Oertel
Moskau (ots) - Sie ist schon bizarr, die Parallelwelt des Wladimir Putin. In seiner Rede an die Nation, mit der Russlands Präsident alljährlich seine Untertanen beglückt, verlor er erwartungsgemäß kein Wort über den inhaftierten Kremlkritiker Alexei Nawalny. Gleichzeitig protestieren wieder Tausende landesweit auf der Straße und strafen all jene Lügen, die "die Bewegung" bereits totgesagt hatten.
Es geht eben nicht nur um "Freiheit für Nawalny", dessen Leben am seidenen Faden hängt, sondern um demokratische Rechte für alle Russ*innen. Dass diese Erkenntnis mittlerweile auch den Kreml erreicht hat, zeigt das brutale Vorgehen gegen die Demonstrant*innen. Selbst an Schüler*innen vergreift sich die Staatsmacht und sammelt sie unter dem Vorwurf des Extremismus einfach ein.
Ähnlich aufschlussreich waren die Botschaften, die der Kremlchef an das Ausland richtete. Die Warnung vor gleichwertigen und harten Reaktionen, sollte eine "rote Linie" überschritten werden, ist eine unverhohlene, durchaus ernst zu nehmende Drohung.
Dabei ist das genau das, was Russland selbst dieser Tage mit einem massiven Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine vorführt. Und es ist beileibe kein Zufall, dass Putin ein angeblich vereiteltes Attentat auf den belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko ins Feld führt. Das könnte bereits die schrille Begleitmusik zu dem Treffen der beiden Staatschefs an diesem Donnerstag in Moskau sein.
Denn das gesellige Beisammensein könnte mit einer freundlichen Einladung Moskaus an Lukaschenko enden, den Nachbarn einzugemeinden. Ohnehin ist Lukaschenko längst nur noch ein Herrscher von Putins Gnaden, der dem Kreml wie eine reife Frucht geradewegs in den Schoß fällt.
Sollte es tatsächlich so kommen, wäre für die Belaruss*innen wohl endgültig eine "rote Linie" überschritten. Und dann? Zumindest vom Westen hätten die Menschen in Belarus in diesem Fall wohl kaum Unterstützung zu erwarten, von den üblichen Solidaritätsadressen einmal abgesehen. Das ist, vor allem für Europa, ein echtes Armutszeugnis.
Pressekontakt:
taz - die tageszeitung
Susanne Knaul
Telefon: +49 30 25902 255
meinung@taz.de
Original-Content von: taz - die tageszeitung, übermittelt durch news aktuell
Es geht eben nicht nur um "Freiheit für Nawalny", dessen Leben am seidenen Faden hängt, sondern um demokratische Rechte für alle Russ*innen. Dass diese Erkenntnis mittlerweile auch den Kreml erreicht hat, zeigt das brutale Vorgehen gegen die Demonstrant*innen. Selbst an Schüler*innen vergreift sich die Staatsmacht und sammelt sie unter dem Vorwurf des Extremismus einfach ein.
Ähnlich aufschlussreich waren die Botschaften, die der Kremlchef an das Ausland richtete. Die Warnung vor gleichwertigen und harten Reaktionen, sollte eine "rote Linie" überschritten werden, ist eine unverhohlene, durchaus ernst zu nehmende Drohung.
Dabei ist das genau das, was Russland selbst dieser Tage mit einem massiven Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine vorführt. Und es ist beileibe kein Zufall, dass Putin ein angeblich vereiteltes Attentat auf den belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko ins Feld führt. Das könnte bereits die schrille Begleitmusik zu dem Treffen der beiden Staatschefs an diesem Donnerstag in Moskau sein.
Denn das gesellige Beisammensein könnte mit einer freundlichen Einladung Moskaus an Lukaschenko enden, den Nachbarn einzugemeinden. Ohnehin ist Lukaschenko längst nur noch ein Herrscher von Putins Gnaden, der dem Kreml wie eine reife Frucht geradewegs in den Schoß fällt.
Sollte es tatsächlich so kommen, wäre für die Belaruss*innen wohl endgültig eine "rote Linie" überschritten. Und dann? Zumindest vom Westen hätten die Menschen in Belarus in diesem Fall wohl kaum Unterstützung zu erwarten, von den üblichen Solidaritätsadressen einmal abgesehen. Das ist, vor allem für Europa, ein echtes Armutszeugnis.
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