28.05.2021 20:02 | Mittelbayerische Zeitung | Presseschau
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Frank-Walter Steinmeier prescht vor / Von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots) - Eigentlich habe der erste Mann im Staate, der Bundespräsident, nur die Macht des Wortes, heißt es immer wieder verniedlichend. Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier hat genau dieses Wort nun zu einer doch überraschenden Ankündigung genutzt, die nicht nur für Klarheit über seine persönlichen Absichten und Zukunftspläne sorgt, sondern vor allem Union und Grüne gehörig unter Zugzwang setzt. Der Mann im Schloss Bellevue, dessen Weitsicht und Menschlichkeit quer durch alle demokratischen Parteien gelobt werden, möchte sich um eine zweite Amtszeit bewerben.
Die Reaktionen auf die durchaus ungewöhnliche Bewerbungsrede eines amtierenden Bundespräsidenten sprechen indes Bände. CSU-Chef Markus Söder verwies kühl darauf, dass man sich erst nach der Bundestagswahl im September in dieser Frage festlegen werde. Ebenso zurückhaltend-überrumpelt äußerten sich die Grünen-Doppelspitzen Annalena Baerbock und Robert Habeck. Die Krux am Vorpreschen Steinmeiers ist für Union und Grüne nämlich, dass sie nur mit einem besseren Kandidaten, einer besseren Kandidatin Steinmeiers zweite Amtszeit verhindern könnten. Und den oder die haben sie aber nicht.
Auch die wohlfeile Ermahnungen, die Bundespräsidenten-Frage dürfe nicht in den Wahlkampf hineingezogen werden, geht am Kern der Sache haarscharf vorbei. Die Wählerinnen und Wähler haben doch vielmehr ein Recht darauf zu erfahren, für welchen künftigen Bundespräsidenten die zur Auswahl stehenden Parteien beziehungsweise Kandidaten für den nächsten Bundestag stehen. Der clevere Steinmeier zwingt die Parteien dazu, Farbe zu bekennen - entweder für ihn oder einen anderen, eine andere. Das ist allemal transparenter und demokratischer als das bislang übliche Auskungeln des nächsten Staatsoberhauptes in Hinterzimmern je nach Koalitions- und Parteiinteressen.
Aber was wären denn die Alternativen zu Steinmeier? Ob etwa der im Ländle beliebte Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann wirklich Baden-Württemberg zugunsten Berlins verlassen würde, ist völlig offen und eher unwahrscheinlich. Und für den Nicht-Kanzlerkandidaten Markus Söder käme das Schloss Bellevue überhaupt nicht in Frage. Die Noch-Kanzlerin Angela Merkel wiederum hat ebenfalls keinerlei Ambitionen auf das Präsidentenamt erkennen lassen. Und mit Personal aus der zweiten politischen Reihe dürfte der bisherige Amtsinhaber erst recht nicht zu verhindern sein. Steinmeiers Offerte umweht, wenn man so will, ein Hauch von Basisdemokratie. Zumindest indirekt können nun Wählerinnen und Wähler bei der nächsten Bundestagswahl mitentscheiden, wer das höchste Amt im Staate bekleiden soll. Der Bundesversammlung mit Vertretern der Landesparlamente und den Bundestagsabgeordneten, die nur alle fünf Jahre und nur zur Präsidentenwahl zusammenkommt, könnte etwas mehr Leben eingehaucht werden.
Freilich ist die deutsche Bundesrepublik über sieben Jahrzehnte lang mit ihren Staatsoberhäuptern - es waren bislang ausschließlich Männer - gut gefahren. Vom humorvoll-hintergründigen Liberalen Theodor Heuss in der Nachkriegs- und Wiederaufbauzeit bis zum mutmachenden Präsidenten Steinmeier in schwierigen Corona-Zeiten. Auch hat das hohe Amt jedes Mal aus einstigen Parteisoldaten, wie der frühere SPD-Mann und Außenminister Steinmeier einer war, wirklich parteiübergreifende Präsidenten für das ganze Volk gemacht. Und egal, wer im Frühjahr 2022 ins Schloss Bellevue einziehen sollte, diese Tradition muss unbedingt erhalten bleiben.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Die Reaktionen auf die durchaus ungewöhnliche Bewerbungsrede eines amtierenden Bundespräsidenten sprechen indes Bände. CSU-Chef Markus Söder verwies kühl darauf, dass man sich erst nach der Bundestagswahl im September in dieser Frage festlegen werde. Ebenso zurückhaltend-überrumpelt äußerten sich die Grünen-Doppelspitzen Annalena Baerbock und Robert Habeck. Die Krux am Vorpreschen Steinmeiers ist für Union und Grüne nämlich, dass sie nur mit einem besseren Kandidaten, einer besseren Kandidatin Steinmeiers zweite Amtszeit verhindern könnten. Und den oder die haben sie aber nicht.
Auch die wohlfeile Ermahnungen, die Bundespräsidenten-Frage dürfe nicht in den Wahlkampf hineingezogen werden, geht am Kern der Sache haarscharf vorbei. Die Wählerinnen und Wähler haben doch vielmehr ein Recht darauf zu erfahren, für welchen künftigen Bundespräsidenten die zur Auswahl stehenden Parteien beziehungsweise Kandidaten für den nächsten Bundestag stehen. Der clevere Steinmeier zwingt die Parteien dazu, Farbe zu bekennen - entweder für ihn oder einen anderen, eine andere. Das ist allemal transparenter und demokratischer als das bislang übliche Auskungeln des nächsten Staatsoberhauptes in Hinterzimmern je nach Koalitions- und Parteiinteressen.
Aber was wären denn die Alternativen zu Steinmeier? Ob etwa der im Ländle beliebte Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann wirklich Baden-Württemberg zugunsten Berlins verlassen würde, ist völlig offen und eher unwahrscheinlich. Und für den Nicht-Kanzlerkandidaten Markus Söder käme das Schloss Bellevue überhaupt nicht in Frage. Die Noch-Kanzlerin Angela Merkel wiederum hat ebenfalls keinerlei Ambitionen auf das Präsidentenamt erkennen lassen. Und mit Personal aus der zweiten politischen Reihe dürfte der bisherige Amtsinhaber erst recht nicht zu verhindern sein. Steinmeiers Offerte umweht, wenn man so will, ein Hauch von Basisdemokratie. Zumindest indirekt können nun Wählerinnen und Wähler bei der nächsten Bundestagswahl mitentscheiden, wer das höchste Amt im Staate bekleiden soll. Der Bundesversammlung mit Vertretern der Landesparlamente und den Bundestagsabgeordneten, die nur alle fünf Jahre und nur zur Präsidentenwahl zusammenkommt, könnte etwas mehr Leben eingehaucht werden.
Freilich ist die deutsche Bundesrepublik über sieben Jahrzehnte lang mit ihren Staatsoberhäuptern - es waren bislang ausschließlich Männer - gut gefahren. Vom humorvoll-hintergründigen Liberalen Theodor Heuss in der Nachkriegs- und Wiederaufbauzeit bis zum mutmachenden Präsidenten Steinmeier in schwierigen Corona-Zeiten. Auch hat das hohe Amt jedes Mal aus einstigen Parteisoldaten, wie der frühere SPD-Mann und Außenminister Steinmeier einer war, wirklich parteiübergreifende Präsidenten für das ganze Volk gemacht. Und egal, wer im Frühjahr 2022 ins Schloss Bellevue einziehen sollte, diese Tradition muss unbedingt erhalten bleiben.
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