08.02.2019 20:15 | Mittelbayerische Zeitung | Presseschau
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Mittelbayerische Zeitung: Business statt Bolzplatz / Platz für Fußballromantik lassen die Gedanken- und Ränkespiele der Fifa, der Uefa und der Klubs kaum mehr. Leitartikel von Heinz Gläser
Regensburg (ots) - Imperien gehen meist an inneren Konflikte
zugrunde. Sie leiden irgendwann an Überdehnung. Dekadenz, Korruption
und Elitenversagen sind die Symptome für grundlegende
Interessengegensätze. Der Fußball gebietet aktuell über solch ein
Weltreich, in dem - in Anlehnung an die Zeit Karls V. - die Sonne nie
untergeht und zudem sprudelnde Geldquellen allen Untertanen ein
höchst komfortables Dasein garantieren. Doch es mehren sich die
Anzeichen dafür, dass dieses Imperium eines nicht mehr allzu fernen
Tages kollabieren könnte - und sei es nur aus grenzenloser Gier.
Sinnigerweise war Rom, die ewige Stadt, in dieser Woche der
Schauplatz des Kongresses der Europäischen Fußball-Union Uefa. Der
Alte Kontinent ist der Nabel der Fußballwelt, beherbergt die
nationalen Top-Ligen und mit der Champions League den Goldesel dieses
Sports. Nach eigenem Selbstverständnis war die Uefa niemals nur eine
Untergliederung des ebenfalls in der Schweiz beheimateten
Weltverbandes Fifa. Aktuell ist sie mehr Antipode als Partner. Die
Uefa hütet ihre lukrativen Wettbewerbe wie Kronjuwelen vor dem
Zugriff der Fifa, die wiederum lediglich die WM als Geldbringer im
Portfolio hat und in ihrer Not sportlich umstrittene Ladenhüter wie
die obskure Klub-WM ersinnt. Verständlich, dass Fifa-Boss Gianni
Infantino die Pläne für eine milliardenschwere globale Nations League
forciert. Ebenso nachvollziehbar ist freilich, dass die Europäer dem
Ansinnen des smarten Eidgenossen mit großer Skepsis begegnen. Sie
sehen in dem undurchsichtigen Vorhaben eine Mixtur aus feindlicher
Übernahme und kalter Enteignung. Damit nicht genug der inneren
Konflikte. In der Uefa wie in der Fifa treten die
Interessengegensätze zwischen Groß und Klein, Reich und Arm offen
zutage. Die kleinen und nicht auf Rosen gebetteten Mitgliedsverbände
fordern ihren Teil vom Kuchen ein, und ihr großer Trumpf im
Machtgefüge ist, dass im Weltfußball zumindest auf dieser Ebene das
demokratische Prinzip funktioniert. Wenn die Funktionäre im mondänen
Ambiente zur Abstimmung schreiten, zählt die Stimme Samoas so viel
wie diejenige Brasiliens. Ein Umstand, den sich schillernde Gestalten
auf den Präsidentensesseln wie Sepp Blatter und Michel Platini immer
wieder geschickt zunutze machten, wenn es um das Schmieden von
Allianzen ging. In dieser Gemengelage dürften die Konflikte in den
kommenden Jahren eskalieren. Das Arsenal beider Seiten ist
beachtlich. Eine Fußball-WM ohne europäische Mannschaften? Eigentlich
unvorstellbar, aber eine mögliche Drohkulisse. Die Fifa wiederum
könnte die europäischen Topklubs, die ohnehin ihr eigenes Süppchen
kochen und denen ihre nationalen Ligen und selbst die Champions
League zu klein geworden sind, mit den Verheißungen eines
weltumspannenden Wettbewerbs ködern. Glaubt man Infantino, stehen die
Interessenten ja Schlange. Indes, sie geben sich noch nicht zu
erkennen. Platz für Fußball-Romantik lassen diese Gedanken- und
Ränkespiele nicht mehr. Das stete Beschwören von Traditionen und
Werten produziert nur mehr hohle Phrasen. Das Milliardengeschäft
Profifußball ist der Basis auf den Bier-und-Bratwurst-Bolzplätzen
entrückt. Das mögen die echten Fans bedauern. Doch die Fairness würde
es gebieten, diese Tatsache nicht länger zu bemänteln. Der
europäische Sport blickt ja gerne mit einer gewissen Hybris über den
Atlantik. Aber der nordamerikanische Sport ist zumindest als rein
gewerbliches Unternehmen identifizierbar. Im Reich von Gianni
Infantino und des in Rom im Amt bestätigten Uefa-Präsidenten
Aleksander Ceferin regieren ebenfalls knallharte Geschäftsinteressen.
Sie sind allerdings immer schwerer unter einen Hut zu bringen. Der
Weltfußball versucht sich derzeit an dem Kunststück,
zusammenzuhalten, was nicht mehr zusammengehört. Mag ja sein, dass
dies noch einige Zeit gelingt. Langfristig jedoch wird auch dieses
Imperium auseinanderbrechen.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
zugrunde. Sie leiden irgendwann an Überdehnung. Dekadenz, Korruption
und Elitenversagen sind die Symptome für grundlegende
Interessengegensätze. Der Fußball gebietet aktuell über solch ein
Weltreich, in dem - in Anlehnung an die Zeit Karls V. - die Sonne nie
untergeht und zudem sprudelnde Geldquellen allen Untertanen ein
höchst komfortables Dasein garantieren. Doch es mehren sich die
Anzeichen dafür, dass dieses Imperium eines nicht mehr allzu fernen
Tages kollabieren könnte - und sei es nur aus grenzenloser Gier.
Sinnigerweise war Rom, die ewige Stadt, in dieser Woche der
Schauplatz des Kongresses der Europäischen Fußball-Union Uefa. Der
Alte Kontinent ist der Nabel der Fußballwelt, beherbergt die
nationalen Top-Ligen und mit der Champions League den Goldesel dieses
Sports. Nach eigenem Selbstverständnis war die Uefa niemals nur eine
Untergliederung des ebenfalls in der Schweiz beheimateten
Weltverbandes Fifa. Aktuell ist sie mehr Antipode als Partner. Die
Uefa hütet ihre lukrativen Wettbewerbe wie Kronjuwelen vor dem
Zugriff der Fifa, die wiederum lediglich die WM als Geldbringer im
Portfolio hat und in ihrer Not sportlich umstrittene Ladenhüter wie
die obskure Klub-WM ersinnt. Verständlich, dass Fifa-Boss Gianni
Infantino die Pläne für eine milliardenschwere globale Nations League
forciert. Ebenso nachvollziehbar ist freilich, dass die Europäer dem
Ansinnen des smarten Eidgenossen mit großer Skepsis begegnen. Sie
sehen in dem undurchsichtigen Vorhaben eine Mixtur aus feindlicher
Übernahme und kalter Enteignung. Damit nicht genug der inneren
Konflikte. In der Uefa wie in der Fifa treten die
Interessengegensätze zwischen Groß und Klein, Reich und Arm offen
zutage. Die kleinen und nicht auf Rosen gebetteten Mitgliedsverbände
fordern ihren Teil vom Kuchen ein, und ihr großer Trumpf im
Machtgefüge ist, dass im Weltfußball zumindest auf dieser Ebene das
demokratische Prinzip funktioniert. Wenn die Funktionäre im mondänen
Ambiente zur Abstimmung schreiten, zählt die Stimme Samoas so viel
wie diejenige Brasiliens. Ein Umstand, den sich schillernde Gestalten
auf den Präsidentensesseln wie Sepp Blatter und Michel Platini immer
wieder geschickt zunutze machten, wenn es um das Schmieden von
Allianzen ging. In dieser Gemengelage dürften die Konflikte in den
kommenden Jahren eskalieren. Das Arsenal beider Seiten ist
beachtlich. Eine Fußball-WM ohne europäische Mannschaften? Eigentlich
unvorstellbar, aber eine mögliche Drohkulisse. Die Fifa wiederum
könnte die europäischen Topklubs, die ohnehin ihr eigenes Süppchen
kochen und denen ihre nationalen Ligen und selbst die Champions
League zu klein geworden sind, mit den Verheißungen eines
weltumspannenden Wettbewerbs ködern. Glaubt man Infantino, stehen die
Interessenten ja Schlange. Indes, sie geben sich noch nicht zu
erkennen. Platz für Fußball-Romantik lassen diese Gedanken- und
Ränkespiele nicht mehr. Das stete Beschwören von Traditionen und
Werten produziert nur mehr hohle Phrasen. Das Milliardengeschäft
Profifußball ist der Basis auf den Bier-und-Bratwurst-Bolzplätzen
entrückt. Das mögen die echten Fans bedauern. Doch die Fairness würde
es gebieten, diese Tatsache nicht länger zu bemänteln. Der
europäische Sport blickt ja gerne mit einer gewissen Hybris über den
Atlantik. Aber der nordamerikanische Sport ist zumindest als rein
gewerbliches Unternehmen identifizierbar. Im Reich von Gianni
Infantino und des in Rom im Amt bestätigten Uefa-Präsidenten
Aleksander Ceferin regieren ebenfalls knallharte Geschäftsinteressen.
Sie sind allerdings immer schwerer unter einen Hut zu bringen. Der
Weltfußball versucht sich derzeit an dem Kunststück,
zusammenzuhalten, was nicht mehr zusammengehört. Mag ja sein, dass
dies noch einige Zeit gelingt. Langfristig jedoch wird auch dieses
Imperium auseinanderbrechen.
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