22.05.2020 21:15 | Mittelbayerische Zeitung | Presseschau
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Liebe Frauen, macht nicht alles mit! Die Corona-Krise wirft das weibliche Geschlecht zurück. Mütter schultern die Hauptlast einer verfehlten Politik.
Regensburg (ots) - In der Corona-Krise beherrschen Männer die öffentliche Debatte. Virologen geben die neuesten Forschungsergebnisse bekannt. Unternehmer, Gastwirte und Einzelhändler fordern Staatshilfen. Frauenstimmen sind kaum zu vernehmen. Dabei trifft die Krise das weibliche Geschlecht am härtesten. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung liegt der Frauenanteil in systemrelevanten Berufen bei knapp 75 Prozent. Sie halten nicht nur als Kassiererinnen den Laden am Laufen, sondern sind intensiver denn je mit der sogenannten Care-Arbeit beschäftigt - als Pflegekräfte in Kliniken und Altenheimen, als Mütter im Homeoffice. Hauptsächlich sie betreuen gleichzeitig die Kinder, die seit Mitte März nur teilweise in die Kita und lediglich alle paar Tage zur Schule gehen. Der Staat schaut zu und lässt sie machen. Doch das darf nicht sein. Auch Mütter brauchen Sofortmaßnahmen. Hilferufe der überlasteten Mamas liest man unter den Hashtags "CoronaMütter" oder "CoronaEltern" in den sozialen Medien oder hört sie von den Nachbarinnen mit kleinen Kindern. "Ich bin nur eine leere Hülle, die funktioniert", heißt es etwa auf Twitter. Und: "CoronaEltern sein, heißt täglich scheitern. Niemals etwas in Ruhe fertigmachen, einen Gedanken zu Ende denken können. Es interessiert auch irgendwie keinen - oder?" Doch! Die Soziologin Jutta Allmendinger interessiert es beispielsweise. Sie hat sich kürzlich in der Talkshow "Anne Will" zu Wort gemeldet. Die Präsidentin des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung (WZB) warnt davor, dass Corona die Frauen in traditionelle Rollen zurückwirft. Eine WZB-Studie untermauert das. Die Umfragezahlen zeigen, dass Mütter ihre Arbeit wegen der Pandemie stärker für die Kinderbetreuung einschränken als Väter. Sie sorgen sich öfter um den Job und die finanzielle Situation. Im Homeoffice sind Frauen unzufriedener mit Arbeit, Familienleben und ihrem Leben im Allgemeinen als Männer. Kein Wunder. Wer Büroarbeit erledigt, nebenbei das Homeschooling betreut und ein Mittagessen zaubert, hetzt durch den Tag. Zufriedenheit stellt sich da nicht ein, nur Erschöpfung. Auch die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hat die weibliche Seite der Krise untersucht. 54 Prozent der befragten Frauen, aber nur zwölf Prozent der Männer geben an, dass sie in Corona-Zeiten die Kinder zum überwiegenden Teil betreuen. Fast ein Viertel der Frauen hat die Arbeitszeit reduziert. Die Wissenschaftler befürchten negative Auswirkungen auf die weiblichen Laufbahnen, speziell was Gehalt und Beförderungen betrifft. Kita- und Schulschließungen verstärkten die Einkommensungleichheit. Und was unternimmt die Politik? Bayern lässt sich enorm viel Zeit für die Rückkehr in den normalen Kita- und Schulalltag. Dabei ist klar, dass wir langfristig mit Covid-19 leben müssen und kein Impfstoff in Sicht ist. Weder den Müttern noch den Kindern kann die derzeitige Situation länger zugemutet werden. Der Staat ist gefordert. Bayern sollte die Betreuungseinrichtungen sofort ganz öffnen. Das haben diese Woche sogar vier medizinische Fachgesellschaften gefordert, darunter der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland. Es könne ruhig eine komplette Klasse unterrichtet werden, solange sich diese nicht in den Pausen mit anderen Jahrgängen mischt. Der Hintergrund: Homeschooling kann den Präsenzunterricht niemals ersetzen. Viele Schüler werden durch die sporadische Beschulung Wissenslücken und soziale Auffälligkeiten entwickeln. Auch das werden die Eltern, besonders Mütter, ausbaden. Die Frauen selbst müssen ihr Handeln überdenken. Sie sollten Absprachen mit dem Partner treffen und die Einhaltung fordern - auch wenn diese Debatten wehtun. Ohne eine fair aufgeteilte Kinderbetreuung wird es keine Gleichstellung geben und die Verdienstlücke zwischen den Geschlechtern nie geschlossen werden. Mädchen sollten bei der Berufswahl auch das Gehalt ins Kalkül ziehen. Geld macht unabhängig.
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