25.02.2022 18:05 | Neue Westfälische (Bielefeld) | Presseschau
0 00,00 0 Bewertung(en) Bewertung schreiben
0 00,00 0 Bewertung(en) Bewertung schreiben
Deutschland nach dem Ukraine-Schock ¶ / Die Kosten der Freiheit¶ / Klaus Schrotthofer¶
Bielefeld (ots) -
Die beste Tarnung ist immer noch die blanke Wahrheit, heißt es in Max Frischs Drama "Biedermann und die Brandstifter". Es geht darin um einen Menschen, der die Brandstifter sogar in sein Haus holt, weil er so inständig hofft, dass ihre Drohungen nicht ernst gemeint sind.Russlands Präsident Wladimir Putin hat in dieser Woche Europa angezündet. Er hat es seit Jahren angekündigt, er hat provoziert, gedroht, getäuscht, gelogen. Und lässt uns nun als einfältige Biedermänner dastehen.War es falsch, bis zuletzt eine diplomatische Lösung zu suchen? War es naiv, die Motive für Russlands aggressive Rhetorik auch in der Politik des Westens zu suchen? Nein. Nur die unbedingte Herrschaft des Rechts kann uns vor der Willkür schützen. Nur der faire Ausgleich legitimer Interessen kann dauerhaft den Frieden sichern. Beides ist jede Anstrengung wert. Ja, auch Deutschland und der gesamte Westen haben Fehler gemacht. Der größte war, anzunehmen, dass Freiheit und Wohlstand die überzeugendsten Argumente für eine friedliche Weltordnung seien und die militärische Logik des Kalten Krieges ganz allein ersetzen könnten. Mit seinem Angriff auf die Ukraine hat Putin auch diese Illusion überrollt. Nichts fürchtet seinesgleichen mehr als die Freiheit. Deshalb hat Putin die Macht des belarussischen Diktators gesichert und deshalb überfällt er die Ukraine, um dort ein weiteres Marionettenregime zu installieren. Es geht Putin nicht mehr um legitime Sicherheitsinteressen Russlands, sondern um die Revision der europäischen Friedensordnung - zur Sicherung der eigenen Macht.Wie glaubwürdig sind die Sanktionen?Militärisch ist die Ukraine nicht zu retten. Griffe die NATO ein, stünde die Welt am Rande einer atomaren Apokalypse. So bleiben Sanktionen als einziges Mittel gegen Putins Aggression. Die EU und ihre westlichen Verbündeten haben sich auf erste starke Maßnahmen verständigt. Doch die Glaubwürdigkeit dieser Gemeinschaft wird sich erst noch beweisen. Nur wenn es gelingt, Russland politisch und wirtschaftlich zu isolieren, besteht Hoffnung auf einen Kurswechsel im Kreml. Wenn die Menschen in Russland zu fragen beginnen, warum sich ihre Lebensverhältnisse verschlechtern, wenn jene Clique, die ihn trägt, um ihre ergaunerten Privilegien und ihren obszönen Reichtum fürchten muss, wird Putins Macht wanken.Die bisher beschlossenen Sanktionen werden dazu nicht ausreichen. Längst haben sich Russlands Oligarchen mit EU-Pässen aus Malta oder Bulgarien versorgt, sie logieren in Europas feinsten Lagen. Das Geschäftsmodell des EU-Mitglieds Zypern beruht zu einem Teil auf der Geldwäsche für ihre windigen Geschäfte. Europas Banken bewegen russische Milliarden, die Nachfrage europäischer Unternehmen nach russischem Gas, nach Öl und anderen Rohstoffen finanziert einen großen Teil des russischen Staatshaushaltes. Über das internationale Finanzsystem Swift funktioniert der Zahlungsverkehr weiterhin reibungslos. Die Krämerseelen rechnen längstWir haben die Kraft, Putin die Stirn zu bieten, aber haben wir auch den Willen? Die Kosten dafür sind hoch, sehr hoch. Die Preise hierzulande werden deutlich steigen, mit ihnen die Inflation. Unsere Wirtschaftskraft wird leiden. Aktienkurse werden auf Talfahrt gehen, die Zinsen nach oben, mit weitreichenden Folgen für große und kleine Investoren. Wir werden es spüren - im Supermarkt, an der Tankstelle, auf dem Bankkonto. Zugleich wachsen dem Land extrem kostspielige Aufgaben zu. Die Bundeswehr ist der neuen Bedrohungslage angemessen auszurüsten. Die Energieversorgung muss neu organisiert werden, wenn wir nicht länger am Tropf Russlands hängen wollen. Vielleicht werden wir in naher Zukunft über eine Verlängerung der Laufzeiten gerade erst abgeschalteter Kraftwerke streiten. Aber Deutschland wird sich entscheiden müssen, ob es die Friedensordnung des Rechts gegen das Recht des Stärkeren ernsthaft verteidigen will. Wenn sich die Krämerseelen durchsetzen, ist nicht nur die Ukraine verloren, sondern auch unsere Vorstellung von Freiheit und Selbstbestimmung. Und wir Biedermänner tragen dafür dann Mitverantwortung.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
Original-Content von: Neue Westfälische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell
Die beste Tarnung ist immer noch die blanke Wahrheit, heißt es in Max Frischs Drama "Biedermann und die Brandstifter". Es geht darin um einen Menschen, der die Brandstifter sogar in sein Haus holt, weil er so inständig hofft, dass ihre Drohungen nicht ernst gemeint sind.Russlands Präsident Wladimir Putin hat in dieser Woche Europa angezündet. Er hat es seit Jahren angekündigt, er hat provoziert, gedroht, getäuscht, gelogen. Und lässt uns nun als einfältige Biedermänner dastehen.War es falsch, bis zuletzt eine diplomatische Lösung zu suchen? War es naiv, die Motive für Russlands aggressive Rhetorik auch in der Politik des Westens zu suchen? Nein. Nur die unbedingte Herrschaft des Rechts kann uns vor der Willkür schützen. Nur der faire Ausgleich legitimer Interessen kann dauerhaft den Frieden sichern. Beides ist jede Anstrengung wert. Ja, auch Deutschland und der gesamte Westen haben Fehler gemacht. Der größte war, anzunehmen, dass Freiheit und Wohlstand die überzeugendsten Argumente für eine friedliche Weltordnung seien und die militärische Logik des Kalten Krieges ganz allein ersetzen könnten. Mit seinem Angriff auf die Ukraine hat Putin auch diese Illusion überrollt. Nichts fürchtet seinesgleichen mehr als die Freiheit. Deshalb hat Putin die Macht des belarussischen Diktators gesichert und deshalb überfällt er die Ukraine, um dort ein weiteres Marionettenregime zu installieren. Es geht Putin nicht mehr um legitime Sicherheitsinteressen Russlands, sondern um die Revision der europäischen Friedensordnung - zur Sicherung der eigenen Macht.Wie glaubwürdig sind die Sanktionen?Militärisch ist die Ukraine nicht zu retten. Griffe die NATO ein, stünde die Welt am Rande einer atomaren Apokalypse. So bleiben Sanktionen als einziges Mittel gegen Putins Aggression. Die EU und ihre westlichen Verbündeten haben sich auf erste starke Maßnahmen verständigt. Doch die Glaubwürdigkeit dieser Gemeinschaft wird sich erst noch beweisen. Nur wenn es gelingt, Russland politisch und wirtschaftlich zu isolieren, besteht Hoffnung auf einen Kurswechsel im Kreml. Wenn die Menschen in Russland zu fragen beginnen, warum sich ihre Lebensverhältnisse verschlechtern, wenn jene Clique, die ihn trägt, um ihre ergaunerten Privilegien und ihren obszönen Reichtum fürchten muss, wird Putins Macht wanken.Die bisher beschlossenen Sanktionen werden dazu nicht ausreichen. Längst haben sich Russlands Oligarchen mit EU-Pässen aus Malta oder Bulgarien versorgt, sie logieren in Europas feinsten Lagen. Das Geschäftsmodell des EU-Mitglieds Zypern beruht zu einem Teil auf der Geldwäsche für ihre windigen Geschäfte. Europas Banken bewegen russische Milliarden, die Nachfrage europäischer Unternehmen nach russischem Gas, nach Öl und anderen Rohstoffen finanziert einen großen Teil des russischen Staatshaushaltes. Über das internationale Finanzsystem Swift funktioniert der Zahlungsverkehr weiterhin reibungslos. Die Krämerseelen rechnen längstWir haben die Kraft, Putin die Stirn zu bieten, aber haben wir auch den Willen? Die Kosten dafür sind hoch, sehr hoch. Die Preise hierzulande werden deutlich steigen, mit ihnen die Inflation. Unsere Wirtschaftskraft wird leiden. Aktienkurse werden auf Talfahrt gehen, die Zinsen nach oben, mit weitreichenden Folgen für große und kleine Investoren. Wir werden es spüren - im Supermarkt, an der Tankstelle, auf dem Bankkonto. Zugleich wachsen dem Land extrem kostspielige Aufgaben zu. Die Bundeswehr ist der neuen Bedrohungslage angemessen auszurüsten. Die Energieversorgung muss neu organisiert werden, wenn wir nicht länger am Tropf Russlands hängen wollen. Vielleicht werden wir in naher Zukunft über eine Verlängerung der Laufzeiten gerade erst abgeschalteter Kraftwerke streiten. Aber Deutschland wird sich entscheiden müssen, ob es die Friedensordnung des Rechts gegen das Recht des Stärkeren ernsthaft verteidigen will. Wenn sich die Krämerseelen durchsetzen, ist nicht nur die Ukraine verloren, sondern auch unsere Vorstellung von Freiheit und Selbstbestimmung. Und wir Biedermänner tragen dafür dann Mitverantwortung.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
Original-Content von: Neue Westfälische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell
Schlagwörter
Politik , Presseschau ,
Das könnte Sie auch interessieren
VR Bank Dreieich-Offenbach eG verwandelt Ihre Immobilie in eine Wunschfee / Ohne Altersgrenze: Genossenschaftsbank stellt Finanzierungslösung für Immobilieneigentümer vor
Dreieich (ots) - Digitale Kundenveranstaltung "VR ImmoFlex" am Mittwoch, 15. Mai 2024, 18 Uhr: www.vrbanking.de/immoflex Aus einer eigenen Immobilie kann durch VR ImmoFlex, eine Lösung der DZ-Priva...Artikel lesenWachstumsmeister in Serie: HanseMerkur verzeichnet 2023 Rekord im Neugeschäft
Hamburg (ots) - - Erfolgsgeschichte geschrieben: Bestes Vertriebsergebnis seit Gründungsjahr 1875 - Nachhaltige Entwicklung: Rekordzuwachs bei den laufenden Beiträgen um 187,1 Mio. EUR bzw. 7,8 Pro...Artikel lesenAttraktive Anleihe für Investoren / TitanSafe bietet 11 Prozent Kupon plus Bonusverzinsung
Taufkirchen (ots) - In Schließfächern werden Wertgegenstände sicher aufbewahrt - doch wertvoll muss nicht nur der Inhalt sein: Die hochsicheren und mit modernster Technologie ausgestatteten Schließf...Artikel lesenLKH-KlinikUpgrade: Stationäre Zusatzversicherung mit 5 Sternen
Lüneburg (ots) - Neu am Markt und schon ausgezeichnet - die gerade erst neu konzipierte und in den Markt eingeführte stationäre Zusatzversicherung LKH-KlinikUpgrade der Landeskrankenhilfe (LKH) hat ...Artikel lesenRetail Banking Radar: Sind Privatkundenbanken für morgen gewappnet?
Düsseldorf (ots) - Deutsche Privatkundenbanken sind auch 2023, das zweite Jahr in Folge, auf Rekordniveau. Jetzt profitabel, aber die Zukunft könnte ein Balanceakt zwischen der aktuellen Rentabilitä...Artikel lesenMeistgelesen
- Der goldene Hase in München (FOTO)
- Das Erste: "Verliebt in Kroatien" (FOTO)
- PwC: Authentifizierung per Fingerabdruck ist im Mobile Banking eine Generationenfrage
- DER BESTE EXPORT SEIT LEGO! / Standing Ovations für den LADYDOC aus Dänemark / Sensation beim 14. Internationalen Speaker Slam
- Masters of Dance: Perfekte Harmonie (FOTO)
Meist kommentiert
- Quietschgelber Bienenfutter Automat in Fischbachtal
- Stoppt die Überfischung in der Ostsee: Deutsche Umwelthilfe und Our Fish fordern konsequente Umsetzung der wissenschaftlichen Empfehlungen für 2022
- Der Hund ist, was er isst
- Initiative "Justiz und Medien - konsequent gegen Hass" zieht erste Bilanz / Demokratie und Meinungsfreiheit schützen / Hass und Hetze konsequent verfolgen (FOTO)