14.10.2018 19:12 | Aachener Nachrichten | Presseschau
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Aachener Nachrichten: Kommentar: Zeitenwende Das CSU-Debakel in Bayern verändert auch die Bundespolitik Von Christian Rein
Aachen (ots) - Die CSU hat jahrzehntelang so unangefochten und
übermächtig in Bayern regiert, dass es hieß, sie könne sogar
Besenstiele mit dem Schriftzug der Partei versehen, und selbst die
würden einen Sitz im Maximilianeum ergattern. Diese Zeiten sind nun
vorbei: 35,5 Prozent nach ersten Prognosen - ein Minus von 12,2
Prozentpunkten. Es ist das schlechteste Ergebnis der Partei seit
1950. Die Wähler haben die CSU auf so etwas wie Normalmaß
geschrumpft. Die absolute Mehrheit, mit der die Christsozialen seit
1962 fast ununterbrochen in Bayern regiert haben, ist verloren.
Die politische Landschaft in Bayern hat sich grundlegend
verändert. Es ist ein historisches Ergebnis, das auch die
Bundespolitik verändern wird.
Die CSU ist selbst verantwortlich
Schon vor der Wahl hat die CSU versucht, die Gründe für ihren
beispiellosen Niedergang überall sonst zu suchen, nur nicht bei sich
selbst. Tatsächlich ist niemand sonst als die CSU selbst für ihr
Abschneiden verantwortlich. Der Slogan "Das Beste für Bayern" war zu
dünn, um ein inhaltliches Profil zu transportieren. Ministerpräsident
Markus Söder - seit März im Amt - war nicht beliebt genug, um als
"Landesvater" ein Zugpferd zu sein. Parteichef und
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat als "Chaos-Horst" mit seinen
Eskapaden in Berlin etwa um Verfassungsschutzpräsident Maaßen mehr
geschadet als geholfen. Und die zynische und menschenverachtende
Strategie, mit einer möglichst rigiden Haltung in der Asylpolitik
AfD-Sympathisanten (zurück) zu gewinnen, ist auch nicht aufgegangen -
im Gegenteil.
Es gab keinen Linksruck
Söder, Seehofer & Co. haben versucht, die Unanständigen durch noch
größere Unanständigkeit aus dem Felde zu schlagen. Bei diesem Spiel
mit dem Feuer haben sie sich die Finger verbrannt. Mit markigen
Stammtischparolen konnten Anfang der 90er Jahre zwar noch die
Republikaner kleingehalten werden. Mit der AfD funktioniert das aber
nicht. Und warum sollte man als stramm rechter Ausländerhasser eine
halbgare Kopie wählen, wenn man ein Original bekommen kann?
Mit ihrer Strategie hat die CSU die AfD noch zusätzlich stark
gemacht. Den liberalen Teil ihrer Wählerschaft hat sie gleichzeitig
den Grünen in die Arme getrieben, die sich geschickt als
ökologisch-bürgerliche Heimatpartei präsentiert haben. So hat die CSU
am rechten und am linken Rand Federn gelassen.
Einen Linksruck hat es in Bayern im Übrigen nicht gegeben: CSU,
Freie Wähler und AfD - das rechtskonservative bis rechtspopulistische
Spektrum - haben mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen
erhalten. Welche Koalition infrage kommt, ist offen. Ein Bündnis der
CSU mit den starken Grünen hätte zwar eine stabile Mehrheit, scheint
aber nach den Äußerungen der vergangenen Tage und bei den
Vorbedingungen der Grünen unwahrscheinlich. Dafür müsste die CSU die
historische Zäsur auch für eine grundlegende Neuausrichtung nutzen -
und das in sehr kurzer Zeit. Wahrscheinlicher ist deshalb entweder
ein wenn auch deutlich knapperes Zweierbündnis mit den Freien Wählern
oder ein Dreierbündnis aus CSU, Freien Wählern und FDP - wenn es die
Liberalen in den Landtag schaffen.
Die SPD wird die Groko hinterfragen
In Berlin wird das bayerische Beben deutlich zu spüren sein. Für
die große Koalition ist die Bayernwahl eine derbe Klatsche. Die Union
ist durch das Ergebnis insgesamt geschwächt, was ein zusätzliches
Menetekel für die angeschlagene Kanzlerin Angela Merkel ist. Die
Hessen-Wahl in zwei Wochen wird zeigen, mit welcher Hypothek Merkel
Anfang Dezember in den CDU-Parteitag gehen wird, auf dem sie sich als
Parteichefin wiederwählen lassen will.
Die SPD ist schwer angeschlagen, wird weiter marginalisiert,
landet bei unter 10 Prozent. Die Sozialdemokraten werden nur noch als
Mehrheitsbeschaffer für Merkel wahrgenommen, ein eigenes Profil
können sie nicht entwickeln. Die SPD wird Konsequenzen ziehen müssen.
Spätestens nach der Wahl in Hessen wird sich die Diskussion über
einen Verbleib in der großen Koalition oder eine Erneuerung in der
Opposition kaum noch aufhalten lassen. Neuwahlen im Bund würden die
Situation aber sich nicht vereinfachen.
Neuwahlen im Bund würden die Situation aber sich nicht
vereinfachen.
Pressekontakt:
Aachener Nachrichten
Redaktion Aachener Nachrichten
Telefon: 0241 5101-388
an-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de
Original-Content von: Aachener Nachrichten, übermittelt durch news aktuell
übermächtig in Bayern regiert, dass es hieß, sie könne sogar
Besenstiele mit dem Schriftzug der Partei versehen, und selbst die
würden einen Sitz im Maximilianeum ergattern. Diese Zeiten sind nun
vorbei: 35,5 Prozent nach ersten Prognosen - ein Minus von 12,2
Prozentpunkten. Es ist das schlechteste Ergebnis der Partei seit
1950. Die Wähler haben die CSU auf so etwas wie Normalmaß
geschrumpft. Die absolute Mehrheit, mit der die Christsozialen seit
1962 fast ununterbrochen in Bayern regiert haben, ist verloren.
Die politische Landschaft in Bayern hat sich grundlegend
verändert. Es ist ein historisches Ergebnis, das auch die
Bundespolitik verändern wird.
Die CSU ist selbst verantwortlich
Schon vor der Wahl hat die CSU versucht, die Gründe für ihren
beispiellosen Niedergang überall sonst zu suchen, nur nicht bei sich
selbst. Tatsächlich ist niemand sonst als die CSU selbst für ihr
Abschneiden verantwortlich. Der Slogan "Das Beste für Bayern" war zu
dünn, um ein inhaltliches Profil zu transportieren. Ministerpräsident
Markus Söder - seit März im Amt - war nicht beliebt genug, um als
"Landesvater" ein Zugpferd zu sein. Parteichef und
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat als "Chaos-Horst" mit seinen
Eskapaden in Berlin etwa um Verfassungsschutzpräsident Maaßen mehr
geschadet als geholfen. Und die zynische und menschenverachtende
Strategie, mit einer möglichst rigiden Haltung in der Asylpolitik
AfD-Sympathisanten (zurück) zu gewinnen, ist auch nicht aufgegangen -
im Gegenteil.
Es gab keinen Linksruck
Söder, Seehofer & Co. haben versucht, die Unanständigen durch noch
größere Unanständigkeit aus dem Felde zu schlagen. Bei diesem Spiel
mit dem Feuer haben sie sich die Finger verbrannt. Mit markigen
Stammtischparolen konnten Anfang der 90er Jahre zwar noch die
Republikaner kleingehalten werden. Mit der AfD funktioniert das aber
nicht. Und warum sollte man als stramm rechter Ausländerhasser eine
halbgare Kopie wählen, wenn man ein Original bekommen kann?
Mit ihrer Strategie hat die CSU die AfD noch zusätzlich stark
gemacht. Den liberalen Teil ihrer Wählerschaft hat sie gleichzeitig
den Grünen in die Arme getrieben, die sich geschickt als
ökologisch-bürgerliche Heimatpartei präsentiert haben. So hat die CSU
am rechten und am linken Rand Federn gelassen.
Einen Linksruck hat es in Bayern im Übrigen nicht gegeben: CSU,
Freie Wähler und AfD - das rechtskonservative bis rechtspopulistische
Spektrum - haben mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen
erhalten. Welche Koalition infrage kommt, ist offen. Ein Bündnis der
CSU mit den starken Grünen hätte zwar eine stabile Mehrheit, scheint
aber nach den Äußerungen der vergangenen Tage und bei den
Vorbedingungen der Grünen unwahrscheinlich. Dafür müsste die CSU die
historische Zäsur auch für eine grundlegende Neuausrichtung nutzen -
und das in sehr kurzer Zeit. Wahrscheinlicher ist deshalb entweder
ein wenn auch deutlich knapperes Zweierbündnis mit den Freien Wählern
oder ein Dreierbündnis aus CSU, Freien Wählern und FDP - wenn es die
Liberalen in den Landtag schaffen.
Die SPD wird die Groko hinterfragen
In Berlin wird das bayerische Beben deutlich zu spüren sein. Für
die große Koalition ist die Bayernwahl eine derbe Klatsche. Die Union
ist durch das Ergebnis insgesamt geschwächt, was ein zusätzliches
Menetekel für die angeschlagene Kanzlerin Angela Merkel ist. Die
Hessen-Wahl in zwei Wochen wird zeigen, mit welcher Hypothek Merkel
Anfang Dezember in den CDU-Parteitag gehen wird, auf dem sie sich als
Parteichefin wiederwählen lassen will.
Die SPD ist schwer angeschlagen, wird weiter marginalisiert,
landet bei unter 10 Prozent. Die Sozialdemokraten werden nur noch als
Mehrheitsbeschaffer für Merkel wahrgenommen, ein eigenes Profil
können sie nicht entwickeln. Die SPD wird Konsequenzen ziehen müssen.
Spätestens nach der Wahl in Hessen wird sich die Diskussion über
einen Verbleib in der großen Koalition oder eine Erneuerung in der
Opposition kaum noch aufhalten lassen. Neuwahlen im Bund würden die
Situation aber sich nicht vereinfachen.
Neuwahlen im Bund würden die Situation aber sich nicht
vereinfachen.
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