07.09.2023 16:00 | Westdeutsche Allgemeine Zeitung | Presseschau
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WAZ:Tarifstreit im Einzelhandel eskaliert: Verdi-Chef Werneke kontert bösen HDE-Brief
Essen (ots) -
Der seit Monaten laufende Tarifstreit im Einzelhandel mit seinen bundesweit 3,2 Millionen Beschäftigten eskaliert weiter: Die Spitzen der Tarifparteien liefern sich nun einen offenen Briefwechsel voller gegenseitiger Vorwürfe. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), hatte Ende August Verdi-Chef Frank Werneke vorgeworfen, Kompromisse in den regional geführten Tarifrunden aus seiner Gewerkschaftszentrale zu blockieren, weil er den örtlichen Tarifkommissionen zu wenig Spielraum lasse. Gleichzeitig warf er Verdi rechtswidrige Streiks vor. Werneke weist nun in seinem Antwortbrief, aus dem die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (Freitagsausgabe und online) und waz.de zitieren, alle Vorwürfe zurück, wirft dem HDE seinerseits eine Blockadehaltung vor, weil das Arbeitgeberangebot Reallohnverluste bedeute, und warnt: "Ohne eine deutliche Bewegung der Arbeitgeber im Einzelhandel wird sich die Tarifrunde daher weiter hinziehen."
Die Arbeitgeber hatten im Juli eine Tarifanhebung ab August um 5,3 Prozent und im Mai 2024 um weitere 3,1 Prozent bei einer Laufzeit von 24 Monaten gefordert. Darüber hinaus soll es einen von allen Steuern und Abgaben befreiten Inflationsausgleich von 450 Euro geben, den Betriebe aber auch streichen können, wenn sie das überfordern würde. Das sei "deutlich entfernt von einem möglichen Abschluss", schreibt Werneke in seinem Brief an Genth. Verdi fordert eine pauschale Erhöhung der Stundenlöhne um 2,50 Euro für eine Laufzeit von zwölf Monaten und einen Mindestlohn von 13 Euro. In den Regionen blieben bisher jeweils fünf Verhandlungsrunden ergebnislos.
Noch heftiger als um das Lohnplus streiten die führenden Repräsentanten der Tarifpartner über eine zusätzliche Verdi-Forderung: Die Gewerkschaft will die Arbeitgeber im Abschluss auch dazu verpflichten, die Allgemeinverbindlichkeit ihres Tarifvertrags im jeweiligen Bundesland zu beantragen. Das müssten Verdi und Handelsverband gemeinsam machen, die jeweilige Arbeitsministerin oder der Arbeitsminister des Landes könnte ihn dann für allgemeinverbindlich erklären. Verdi ist das im Einzelhandel besonders wichtig, weil nur noch etwa jeder und jede dritte Beschäftigte nach Tarif bezahlt wird. Für die Allgemeinverbindlichkeit dürfe Verdi aber nicht streiken, hatte Genth Werneke vorgeworfen. Verbände und tarifgebundene Unternehmen dürften nicht durch Streikdruck dazu gezwungen werden, die Allgemeinverbindlichkeit zu beantragen. In mehreren Ländern hatten die Arbeitgeber dagegen geklagt, in erster Instanz aber stets verloren.
Werneke wundert sich in seinem Antwortbrief nun darüber, dass sein Tarifpartner sich gegen eine Allgemeingültigkeit der gemeinsamen Tarifverträge wehrt. Das sei wichtig für einheitliche Arbeitsbedingungen in der Branche und mehr Fairness im Wettbewerb. "Es ist mir völlig unverständlich, dass Sie sich Initiativen für allgemeinverbindliche Tarifverträge im Einzelhandel verweigern und stattdessen die Zunahme von tarifungebundenen Mitgliedschaften hinnehmen oder sogar befördern", kritisiert er den HDE-Chef, "Sie treiben damit den Einzelhandel in eine Abwärtsspirale."
https://www.waz.de/wirtschaft/handels-tarifstreit-eskaliert-verdi-chef-attackiert-den-hde-id239390103.html
Pressekontakt:
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Telefon: 0201 - 804 6520
NRW_CvD@funkemedien.de
Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Der seit Monaten laufende Tarifstreit im Einzelhandel mit seinen bundesweit 3,2 Millionen Beschäftigten eskaliert weiter: Die Spitzen der Tarifparteien liefern sich nun einen offenen Briefwechsel voller gegenseitiger Vorwürfe. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), hatte Ende August Verdi-Chef Frank Werneke vorgeworfen, Kompromisse in den regional geführten Tarifrunden aus seiner Gewerkschaftszentrale zu blockieren, weil er den örtlichen Tarifkommissionen zu wenig Spielraum lasse. Gleichzeitig warf er Verdi rechtswidrige Streiks vor. Werneke weist nun in seinem Antwortbrief, aus dem die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (Freitagsausgabe und online) und waz.de zitieren, alle Vorwürfe zurück, wirft dem HDE seinerseits eine Blockadehaltung vor, weil das Arbeitgeberangebot Reallohnverluste bedeute, und warnt: "Ohne eine deutliche Bewegung der Arbeitgeber im Einzelhandel wird sich die Tarifrunde daher weiter hinziehen."
Die Arbeitgeber hatten im Juli eine Tarifanhebung ab August um 5,3 Prozent und im Mai 2024 um weitere 3,1 Prozent bei einer Laufzeit von 24 Monaten gefordert. Darüber hinaus soll es einen von allen Steuern und Abgaben befreiten Inflationsausgleich von 450 Euro geben, den Betriebe aber auch streichen können, wenn sie das überfordern würde. Das sei "deutlich entfernt von einem möglichen Abschluss", schreibt Werneke in seinem Brief an Genth. Verdi fordert eine pauschale Erhöhung der Stundenlöhne um 2,50 Euro für eine Laufzeit von zwölf Monaten und einen Mindestlohn von 13 Euro. In den Regionen blieben bisher jeweils fünf Verhandlungsrunden ergebnislos.
Noch heftiger als um das Lohnplus streiten die führenden Repräsentanten der Tarifpartner über eine zusätzliche Verdi-Forderung: Die Gewerkschaft will die Arbeitgeber im Abschluss auch dazu verpflichten, die Allgemeinverbindlichkeit ihres Tarifvertrags im jeweiligen Bundesland zu beantragen. Das müssten Verdi und Handelsverband gemeinsam machen, die jeweilige Arbeitsministerin oder der Arbeitsminister des Landes könnte ihn dann für allgemeinverbindlich erklären. Verdi ist das im Einzelhandel besonders wichtig, weil nur noch etwa jeder und jede dritte Beschäftigte nach Tarif bezahlt wird. Für die Allgemeinverbindlichkeit dürfe Verdi aber nicht streiken, hatte Genth Werneke vorgeworfen. Verbände und tarifgebundene Unternehmen dürften nicht durch Streikdruck dazu gezwungen werden, die Allgemeinverbindlichkeit zu beantragen. In mehreren Ländern hatten die Arbeitgeber dagegen geklagt, in erster Instanz aber stets verloren.
Werneke wundert sich in seinem Antwortbrief nun darüber, dass sein Tarifpartner sich gegen eine Allgemeingültigkeit der gemeinsamen Tarifverträge wehrt. Das sei wichtig für einheitliche Arbeitsbedingungen in der Branche und mehr Fairness im Wettbewerb. "Es ist mir völlig unverständlich, dass Sie sich Initiativen für allgemeinverbindliche Tarifverträge im Einzelhandel verweigern und stattdessen die Zunahme von tarifungebundenen Mitgliedschaften hinnehmen oder sogar befördern", kritisiert er den HDE-Chef, "Sie treiben damit den Einzelhandel in eine Abwärtsspirale."
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