31.07.2020 18:40 | Börsen-Zeitung | Presseschau
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Nur eine Episode / Kommentar zum Aktienmarkt von Christopher Kalbhenn
Frankfurt (ots) - Das war dann wohl auch für die von der Aktienmarkt-Rally verwöhnten Anleger ein wenig zu viel. Am Donnerstag büßte der Dax 3,5% ein, nachdem katastrophale Wirtschaftsdaten veröffentlicht worden waren. In Deutschland ist das Bruttoinlandsprodukt in den Monaten April bis Juni im Vergleich zum ersten Quartal um 10,1% geschrumpft, für die Vereinigten Staaten wurde ein annualisierter Einbruch der Wirtschaftsleistung um nahezu ein Drittel vermeldet. Hinzu kam in den USA ein erneuter Anstieg der wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung.
Es waren jedoch nicht nur die Konjunkturdaten, die die Marktteilnehmer schreckten - und wohl auch den Anstoß zu Gewinnmitnahmen gaben. Zumal erwartet worden war, dass der Lockdown derart grausame Zahlen zur Folge haben würde. Generell haben sich die Aussichten zuletzt nochmals eingetrübt. Anziehende Infektionszahlen haben zu neuen Mobilitätsbeschränkungen geführt - so müssen etwa Einreisende aus Spanien nun in eine 14-tägige Quarantäne. Damit haben sich Lockdown-Befürchtungen verstärkt, die wiederum Zweifel an einer einigermaßen zügigen Erholung der Weltwirtschaft schüren.
Verstärkt wurden auch die Sorgen über die US-Wahl im November bzw. über potenziell für die Aktienmärkte abträgliche Aktionen seitens Donald Trump, der angesichts derzeit schlechter Umfragewerte zu fast allem bereit zu sein scheint, was möglicherweise seine Wiederwahlchancen verbessern könnte. Dazu zählt die von ihm angeregte Verschiebung der Wahlen. Der entsprechende präsidiale Tweet trug zu jener Marktschwäche am Donnerstag bei, denn er erinnerte daran, dass der Handelskonflikt jederzeit wieder hochkochen könnte.
Gemessen am Ausmaß der Erholung seit Mitte März ist die Schwäche der abgelaufenen Woche aber wohl nur eine vorübergehende Episode. Seit dem seinerzeit erreichten Tief hat der Dax 49% zugelegt, trotz wegsackender Unternehmensgewinne. Im Ergebnis sind die Bewertungen am Aktienmarkt stark gestiegen. Das ist sehr bemerkenswert, denn wir erleben die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression, und nach "gängiger Lehre" müsste ein solches Umfeld Bewertungskennzahlen wie das KGV drücken oder doch zumindest im Zaum halten. Mit konventionellem Denken scheint man aber in der einmaligen Lage, in der sich die Welt durch die Coronakrise befindet, derzeit nicht weit zu kommen.
"In ,normalen' Zeiten löst eine solche Kombination aus unsicheren Gewinnen, hoher Bewertung und optimistischem Anlegersentiment regelmäßig eine Aktienkonsolidierung von 10% bis 20% aus", so die Commerzbank. "Doch der jüngste Anstieg des M1-Geldmengenwachstums in den USA von 33% auf 36% zeigt, dass wir keine ,normalen' Zeiten haben. Für viele Investoren ist die Notenbankpolitik viel wichtiger als fundamentale Trends wie Gewinne und Bewertung." Das Institut hält denn auch eine deutlichere Korrektur am Aktienmarkt für unwahrscheinlich und rechnet stattdessen mit stagnierenden Aktienmärkten im dritten Quartal.
Ähnlich die Einschätzung der LBBW. Die Erleichterungsrally der vergangenen Monate sei seit einiger Zeit von einer Seitwärtsbewegung abgelöst worden. Um die Märkte weiter nach oben zu treiben, bedürfe es Anschlussnachfrage, und jene scheine angesichts der inzwischen hohen Bewertungen sowie der latenten Risiken nicht mehr wirklich gegeben. Nun stünden die traditionell zwei schwierigsten Aktienmonate des Jahres vor der Tür. In der Vergangenheit seien Anleger daher oftmals gut beraten gewesen, in dieser Phase Gewinne mitzunehmen, um dann in aller Ruhe ihren Urlaub anzutreten.
Etwas zuversichtlicher ist die UBS, die auf die massiven wirtschaftspolitischen Impulse verweist. Das Institut riet Investoren in der abgelaufenen Woche zum Ausbau von Aktienpositionen, weil es weiteres Aufwärtspotenzial an den Aktienmärkten sieht. Begründet wurde dies auch mit positiven medizinischen Entwicklungen und einer Rückkehr zur Normalität im Zuge der Wiedereröffnung der Wirtschaft. Es sei vor allem die "Fed Story", die bei anhaltend extrem niedrigen Zinsen Risiko-Assets mittelfristig stützen sollte. Die Rendite der zehnjährigen amerikanischen Staatsanleihe sei auf ein Rekordtief gefallen, was unterstreiche, dass Investoren sich in einer Welt nach Covid-19 noch mehr anstrengen müssten, Renditen für ihr Portfolio zu suchen.
(Börsen-Zeitung, 01.08.2020)
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Es waren jedoch nicht nur die Konjunkturdaten, die die Marktteilnehmer schreckten - und wohl auch den Anstoß zu Gewinnmitnahmen gaben. Zumal erwartet worden war, dass der Lockdown derart grausame Zahlen zur Folge haben würde. Generell haben sich die Aussichten zuletzt nochmals eingetrübt. Anziehende Infektionszahlen haben zu neuen Mobilitätsbeschränkungen geführt - so müssen etwa Einreisende aus Spanien nun in eine 14-tägige Quarantäne. Damit haben sich Lockdown-Befürchtungen verstärkt, die wiederum Zweifel an einer einigermaßen zügigen Erholung der Weltwirtschaft schüren.
Verstärkt wurden auch die Sorgen über die US-Wahl im November bzw. über potenziell für die Aktienmärkte abträgliche Aktionen seitens Donald Trump, der angesichts derzeit schlechter Umfragewerte zu fast allem bereit zu sein scheint, was möglicherweise seine Wiederwahlchancen verbessern könnte. Dazu zählt die von ihm angeregte Verschiebung der Wahlen. Der entsprechende präsidiale Tweet trug zu jener Marktschwäche am Donnerstag bei, denn er erinnerte daran, dass der Handelskonflikt jederzeit wieder hochkochen könnte.
Gemessen am Ausmaß der Erholung seit Mitte März ist die Schwäche der abgelaufenen Woche aber wohl nur eine vorübergehende Episode. Seit dem seinerzeit erreichten Tief hat der Dax 49% zugelegt, trotz wegsackender Unternehmensgewinne. Im Ergebnis sind die Bewertungen am Aktienmarkt stark gestiegen. Das ist sehr bemerkenswert, denn wir erleben die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression, und nach "gängiger Lehre" müsste ein solches Umfeld Bewertungskennzahlen wie das KGV drücken oder doch zumindest im Zaum halten. Mit konventionellem Denken scheint man aber in der einmaligen Lage, in der sich die Welt durch die Coronakrise befindet, derzeit nicht weit zu kommen.
"In ,normalen' Zeiten löst eine solche Kombination aus unsicheren Gewinnen, hoher Bewertung und optimistischem Anlegersentiment regelmäßig eine Aktienkonsolidierung von 10% bis 20% aus", so die Commerzbank. "Doch der jüngste Anstieg des M1-Geldmengenwachstums in den USA von 33% auf 36% zeigt, dass wir keine ,normalen' Zeiten haben. Für viele Investoren ist die Notenbankpolitik viel wichtiger als fundamentale Trends wie Gewinne und Bewertung." Das Institut hält denn auch eine deutlichere Korrektur am Aktienmarkt für unwahrscheinlich und rechnet stattdessen mit stagnierenden Aktienmärkten im dritten Quartal.
Ähnlich die Einschätzung der LBBW. Die Erleichterungsrally der vergangenen Monate sei seit einiger Zeit von einer Seitwärtsbewegung abgelöst worden. Um die Märkte weiter nach oben zu treiben, bedürfe es Anschlussnachfrage, und jene scheine angesichts der inzwischen hohen Bewertungen sowie der latenten Risiken nicht mehr wirklich gegeben. Nun stünden die traditionell zwei schwierigsten Aktienmonate des Jahres vor der Tür. In der Vergangenheit seien Anleger daher oftmals gut beraten gewesen, in dieser Phase Gewinne mitzunehmen, um dann in aller Ruhe ihren Urlaub anzutreten.
Etwas zuversichtlicher ist die UBS, die auf die massiven wirtschaftspolitischen Impulse verweist. Das Institut riet Investoren in der abgelaufenen Woche zum Ausbau von Aktienpositionen, weil es weiteres Aufwärtspotenzial an den Aktienmärkten sieht. Begründet wurde dies auch mit positiven medizinischen Entwicklungen und einer Rückkehr zur Normalität im Zuge der Wiedereröffnung der Wirtschaft. Es sei vor allem die "Fed Story", die bei anhaltend extrem niedrigen Zinsen Risiko-Assets mittelfristig stützen sollte. Die Rendite der zehnjährigen amerikanischen Staatsanleihe sei auf ein Rekordtief gefallen, was unterstreiche, dass Investoren sich in einer Welt nach Covid-19 noch mehr anstrengen müssten, Renditen für ihr Portfolio zu suchen.
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