17.06.2019 19:34 | Mittelbayerische Zeitung | Presseschau
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Mittelbayerische Zeitung: Die Politik hat sich verfahren / Über die Verkehrswende wird viel geredet, aber es wird wenig getan, um sie in Gang zu setzen. Von Christine Strasser
Regensburg (ots) - Betroffen vom Thema Verkehr ist jeder. Der
Großstädter, der zur Uni oder in die Firma radelt. Die Eltern auf dem
Land, die ihre Kinder zur Schule, zum Musikunterricht oder zum
Fußball kutschieren. Die Seniorin, die auf Bus und Bahn angewiesen
ist. Die Hunderttausenden, die in der Autobranche arbeiten. Und die
Millionen, die sich über Lärm und Staus, Parkplatzsuche und
gestrichene oder ausgefallene Anschlussverbindungen ärgern. Im
Verkehrsbereich gibt es viele Baustellen, Klimaschutz ist eine der
größten, aber bei weitem nicht die einzige. Generell wird viel
darüber diskutiert und nachgedacht, wohin sich die Mobilität der
Zukunft bewegt. Aber es wird wenig politisch getan, um die neue
Mobilität voranzubringen. Am heutigen Dienstag fallen nun zwei
verkehrspolitische Termine zusammen, die beispielhaft illustrieren,
warum die Verkehrswende in Deutschland nicht in Gang kommt. Der
Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet über Österreichs Klage
gegen die deutsche Pkw-Maut, ein ausgesprochenes Lieblingsprojekt der
CSU. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn wiederum berät heute die
Dachstrategie "Starke Schiene". Bis 2030 soll die Zahl der Reisenden
in Fernzügen demnach verdoppelt werden. Bei beiden Projekten ist viel
Wunschdenken im Spiel. CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer hat die
Vorbereitungen für die Nutzergebühr auf Autobahnen und Bundesstraßen
energisch vorangetrieben. Sollte die Maut auf den letzten Metern doch
noch scheitern, stünde nicht nur die CSU vor einem Scherbenhaufen.
Auf den Bund kämen dann erhebliche Entschädigungsansprüche zu. Aber
selbst wenn der EuGH - was als wahrscheinlicher gilt - die Pkw-Maut
durchwinkt, steht ein entscheidender Beweis noch aus: Spült die Maut
wirklich erkleckliche Geldflüsse in die Staatskasse? Inzwischen
zeichnet sich eher das Gegenteil ab. Scheuer muss seine
Einnahme-Erwartungen von netto einer halben Milliarde Euro jährlich
zurückschrauben. Die Grünen warnen sogar bereits vor einem
Minusgeschäft und fordern, das Projekt zu stoppen. Bahnchef Richard
Lutz malt bei seiner "Starke Schiene"-Strategie eine schöne
Eisenbahnwelt: 30 Großstädte will der Konzern im Halbstundentakt
verbinden, 100 000 Mitarbeiter zusätzlich einstellen und die
Vernetzung von Carsharing-Angeboten, Leihrädern und E-Scootern
erleichtern. Das wurde schon vorab bekannt. Ein Problem bleibt aber:
Der Investitionsstau ist gewaltig. Eine bessere Bahn ist jedoch nur
möglich, wenn die Trassenkapazitäten durch Ausbau, Modernisierung und
umfassende Digitalisierung erweitert werden. Der Bund müsste
zusätzliche Milliarden-Investitionen zusagen. Der Blick auf die
Zahlen verrät, wie viel sich ändern müsste. Die Allianz pro Schiene
hat ausgerechnet, dass Deutschland deutlich weniger Geld für die
Bahn-Infrastruktur ausgibt als andere europäische Staaten. Pro Bürger
waren es im vergangenen Jahr 77 Euro. Andere europäische Nationen
investieren dagegen deutlich mehr in den Erhalt und den Ausbau der
Gleise. Spitzenreiter in dem aktuellen Ranking, das die Allianz pro
Schiene - ein Verbund aus Umweltorganisationen, Hochschulen und
Bahnunternehmen - zusammen mit der Unternehmensberatung SCI Verkehr
erstellt hat, ist die Schweiz mit 365 Euro. Dahinter folgen
Österreich (218 Euro) und Dänemark (182 Euro). Vergleicht man die
Investitionen für Straße und Schiene, gibt die Bundesrepublik mehr
Geld für die Autobahnen und Co. aus. 2018 lagen die Investitionen in
Erhalt, Neu- und Ausbau für die Schiene bei 45,3 Prozent, während in
Straßen 54,7 Prozent flossen. Das spiegelt sich im morgendlichen
Berufsverkehr wider. Der Umstieg von der Straße auf die Schiene wird
den Umsteigewilligen alles andere als einfach gemacht.
Verkehrpolitische Strategie? Pendler erleben, dass vor allem eine
Sache System hat: Der tägliche Stau wird allenfalls von der Straße
auf die Schiene verlegt.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Großstädter, der zur Uni oder in die Firma radelt. Die Eltern auf dem
Land, die ihre Kinder zur Schule, zum Musikunterricht oder zum
Fußball kutschieren. Die Seniorin, die auf Bus und Bahn angewiesen
ist. Die Hunderttausenden, die in der Autobranche arbeiten. Und die
Millionen, die sich über Lärm und Staus, Parkplatzsuche und
gestrichene oder ausgefallene Anschlussverbindungen ärgern. Im
Verkehrsbereich gibt es viele Baustellen, Klimaschutz ist eine der
größten, aber bei weitem nicht die einzige. Generell wird viel
darüber diskutiert und nachgedacht, wohin sich die Mobilität der
Zukunft bewegt. Aber es wird wenig politisch getan, um die neue
Mobilität voranzubringen. Am heutigen Dienstag fallen nun zwei
verkehrspolitische Termine zusammen, die beispielhaft illustrieren,
warum die Verkehrswende in Deutschland nicht in Gang kommt. Der
Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet über Österreichs Klage
gegen die deutsche Pkw-Maut, ein ausgesprochenes Lieblingsprojekt der
CSU. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn wiederum berät heute die
Dachstrategie "Starke Schiene". Bis 2030 soll die Zahl der Reisenden
in Fernzügen demnach verdoppelt werden. Bei beiden Projekten ist viel
Wunschdenken im Spiel. CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer hat die
Vorbereitungen für die Nutzergebühr auf Autobahnen und Bundesstraßen
energisch vorangetrieben. Sollte die Maut auf den letzten Metern doch
noch scheitern, stünde nicht nur die CSU vor einem Scherbenhaufen.
Auf den Bund kämen dann erhebliche Entschädigungsansprüche zu. Aber
selbst wenn der EuGH - was als wahrscheinlicher gilt - die Pkw-Maut
durchwinkt, steht ein entscheidender Beweis noch aus: Spült die Maut
wirklich erkleckliche Geldflüsse in die Staatskasse? Inzwischen
zeichnet sich eher das Gegenteil ab. Scheuer muss seine
Einnahme-Erwartungen von netto einer halben Milliarde Euro jährlich
zurückschrauben. Die Grünen warnen sogar bereits vor einem
Minusgeschäft und fordern, das Projekt zu stoppen. Bahnchef Richard
Lutz malt bei seiner "Starke Schiene"-Strategie eine schöne
Eisenbahnwelt: 30 Großstädte will der Konzern im Halbstundentakt
verbinden, 100 000 Mitarbeiter zusätzlich einstellen und die
Vernetzung von Carsharing-Angeboten, Leihrädern und E-Scootern
erleichtern. Das wurde schon vorab bekannt. Ein Problem bleibt aber:
Der Investitionsstau ist gewaltig. Eine bessere Bahn ist jedoch nur
möglich, wenn die Trassenkapazitäten durch Ausbau, Modernisierung und
umfassende Digitalisierung erweitert werden. Der Bund müsste
zusätzliche Milliarden-Investitionen zusagen. Der Blick auf die
Zahlen verrät, wie viel sich ändern müsste. Die Allianz pro Schiene
hat ausgerechnet, dass Deutschland deutlich weniger Geld für die
Bahn-Infrastruktur ausgibt als andere europäische Staaten. Pro Bürger
waren es im vergangenen Jahr 77 Euro. Andere europäische Nationen
investieren dagegen deutlich mehr in den Erhalt und den Ausbau der
Gleise. Spitzenreiter in dem aktuellen Ranking, das die Allianz pro
Schiene - ein Verbund aus Umweltorganisationen, Hochschulen und
Bahnunternehmen - zusammen mit der Unternehmensberatung SCI Verkehr
erstellt hat, ist die Schweiz mit 365 Euro. Dahinter folgen
Österreich (218 Euro) und Dänemark (182 Euro). Vergleicht man die
Investitionen für Straße und Schiene, gibt die Bundesrepublik mehr
Geld für die Autobahnen und Co. aus. 2018 lagen die Investitionen in
Erhalt, Neu- und Ausbau für die Schiene bei 45,3 Prozent, während in
Straßen 54,7 Prozent flossen. Das spiegelt sich im morgendlichen
Berufsverkehr wider. Der Umstieg von der Straße auf die Schiene wird
den Umsteigewilligen alles andere als einfach gemacht.
Verkehrpolitische Strategie? Pendler erleben, dass vor allem eine
Sache System hat: Der tägliche Stau wird allenfalls von der Straße
auf die Schiene verlegt.
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