06.09.2019 19:40 | Börsen-Zeitung | Presseschau
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Börsen-Zeitung: Zinslos - hilflos? / Kommentar zu Investitionsgewinnen im Negativzinsumfeld von Dietegen Müller
Frankfurt (ots) - Negativzinsen haben den Status des
Bürgerschrecks erhalten - und legen mitunter weltfremde Vorstellungen
offen, wie der Vorschlag aus der Politik, sie doch schlicht zu
verbieten. Wenn es denn so einfach wäre. Es wird Gründe haben, dass
die Zinsen seit Jahrzehnten fallen - und die Zinswende bislang
ausgeblieben ist. Doch exakt festmachen lässt sich dies nicht,
entsprechend fragwürdig ist es, der Notenbankpolitik die Schuld in
die Schuhe zu schieben. Aber es ist unbestritten, dass das
Negativzinsumfeld auch für die Vermögensverwaltungsbranche ihr
Narrativ auf den Kopf stellt. Wozu investieren, wenn ich morgen
weniger Geld erhalte als heute?
Müssen also überproportional hohe Risiken eingegangen werden, um
noch eine absolute Rendite zu erzielen? Sicher ist, dass der Faktor
Kosten auch in der Vermögensverwaltung eine umso größere Rolle
spielen wird, je geringer die am Markt erzielbaren, verhältnismäßig
risikolosen Renditen sind. Investoren, die auf Bergen von Cash
sitzen - und das sind nicht wenige -, scheinen den niedrigen Zinsen
und Renditen fast hilflos ausgeliefert.
Dem ist nicht so - auch heute lassen sich ansprechende Erträge
verdienen. Aber es wird sich wohl erst im Rückblick zeigen, mit
welchen Risiken diese erkauft wurden. Als Konsens gilt, dass etwa
Aktien als Beteiligung an den Gewinnen von Produktivkapital
unabdingbar sind.
Nur sinkt aber die Zahl der gelisteten Unternehmen seit Jahren.
Gerade private Märkte haben in den vergangenen Jahren im
Niedrigzinsumfeld einen enormen Aufschwung erfahren. So ist Private
Equity als Renditequelle etwa für Axel Schuster von Capital Bank, die
zur Grazer Versicherungsgruppe Grawe gehört, unabdingbar, wie er
kürzlich auf einer von Feri organisierten Hedgefonds-Konferenz in Bad
Homburg erklärte. Von Private-Equity-Investments würden 12 bis 20%
Rendite erwartet, für Hedgefonds nur 2 bis 3%, so Schuster. Da der
Aufwand für die Hedgefonds-Auswahl angesichts der mageren
Renditeerwartung zu hoch wäre, arbeitet die Capital Bank hier mit
externen Beratern, während im Bereich Private Equity auf eigene
Ressourcen gesetzt werde.
Selbst Renditen von 2 bis 3% wirken im Negativzinsumfeld
verführerisch - vor allem, wenn sie mit dem Versprechen daherkommen,
stetig zu sein. Die Frage ist nur, ob man sich hier bereits in einem
Bereich bewegt, in dem es um das Erzielen von Überrenditen, auch
Alpha genannt, geht? Bei Alpha gehe es darum, Marktineffizienzen zu
isolieren und nutzbar zu machen, meint Paul Skiba, der für den
Autobauer Porsche als Assetmanager im Bereich Corporate Finance und
Treasury arbeitet. Doch langfristig gebe es gar kein Alpha. Die Kunst
sei vielmehr, "die richtigen Leute" zusammenzubringen, also die
richtige Mischung aus Know-how und Ideen, mit der etwas cleverer im
selben Teich gefischt wird, wie viele andere Anleger dies auch tun.
Auch Christian Barz, der im Portfoliomanagement von Cara Investment
arbeitet, glaubt, es gebe Alpha-Quellen, die über die Zeit wieder
verschwinden würden.
Nun gilt die Annahme, Alpha werde besser erschließbar, wenn ein
Assetmanager mehr Spielraum hat. Darauf bauen inzwischen viele
Investoren weltweit. Die in Hedgefonds investierten Mittel haben mit
über 3 Bill. Dollar weltweit ein Rekordvolumen erreicht, das meiste
Geld fließt in sehr flexible Offshore-Strukturen, die laut Feri eine
bessere Entwicklung als europäische Ucits-Vehikel zeigen. In
Deutschland sind solche Anlagen auch regulatorisch bedingt eher
spärlich in Portfolios vertreten. Wenn, dann setzen etwa Unternehmen
laut dem Bundesverband Alternative Investments etwas mehr auf
Hedgefonds. Auch Pensionskassen und Versicherungsunternehmen
berücksichtigen Hedgefonds, meiden dabei aber Offshore-Vehikel.
Abgesehen von regulatorischen Gründen oder auch Fragen zur
Risikokontrolle fällt es vielen Investoren schwer, sich Anlagen mit
zwar gefallenen, aber vergleichsweise immer noch hohen Gebühren
zuzulegen. Vielleicht führt das Negativzinsumfeld gerade zur
Einsicht, dass es keinen "Free Lunch" in der Vermögensanlage gibt.
Porsche setze nicht auf Hedgefonds, prüfe dies aber "intensiv", sagt
etwa Paul Skiba. Bisher überwiegt aber Skepsis und ein gewisses
Hilflosigkeitsgefühl gegenüber Minuszinsen. Die da und dort geäußerte
Überlegung, Hedgefonds könnten risikoarme Erträge aus Anleihen
ersetzen, liegt zwar nahe. Ob die Hedgefonds-Branche ihr Versprechen
aber in der nötigen Breite einlösen kann, ist mit Blick auf
bisherige Erfahrungen zumindest zu bezweifeln.
(Börsen-Zeitung, 07.09.2019)
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Bürgerschrecks erhalten - und legen mitunter weltfremde Vorstellungen
offen, wie der Vorschlag aus der Politik, sie doch schlicht zu
verbieten. Wenn es denn so einfach wäre. Es wird Gründe haben, dass
die Zinsen seit Jahrzehnten fallen - und die Zinswende bislang
ausgeblieben ist. Doch exakt festmachen lässt sich dies nicht,
entsprechend fragwürdig ist es, der Notenbankpolitik die Schuld in
die Schuhe zu schieben. Aber es ist unbestritten, dass das
Negativzinsumfeld auch für die Vermögensverwaltungsbranche ihr
Narrativ auf den Kopf stellt. Wozu investieren, wenn ich morgen
weniger Geld erhalte als heute?
Müssen also überproportional hohe Risiken eingegangen werden, um
noch eine absolute Rendite zu erzielen? Sicher ist, dass der Faktor
Kosten auch in der Vermögensverwaltung eine umso größere Rolle
spielen wird, je geringer die am Markt erzielbaren, verhältnismäßig
risikolosen Renditen sind. Investoren, die auf Bergen von Cash
sitzen - und das sind nicht wenige -, scheinen den niedrigen Zinsen
und Renditen fast hilflos ausgeliefert.
Dem ist nicht so - auch heute lassen sich ansprechende Erträge
verdienen. Aber es wird sich wohl erst im Rückblick zeigen, mit
welchen Risiken diese erkauft wurden. Als Konsens gilt, dass etwa
Aktien als Beteiligung an den Gewinnen von Produktivkapital
unabdingbar sind.
Nur sinkt aber die Zahl der gelisteten Unternehmen seit Jahren.
Gerade private Märkte haben in den vergangenen Jahren im
Niedrigzinsumfeld einen enormen Aufschwung erfahren. So ist Private
Equity als Renditequelle etwa für Axel Schuster von Capital Bank, die
zur Grazer Versicherungsgruppe Grawe gehört, unabdingbar, wie er
kürzlich auf einer von Feri organisierten Hedgefonds-Konferenz in Bad
Homburg erklärte. Von Private-Equity-Investments würden 12 bis 20%
Rendite erwartet, für Hedgefonds nur 2 bis 3%, so Schuster. Da der
Aufwand für die Hedgefonds-Auswahl angesichts der mageren
Renditeerwartung zu hoch wäre, arbeitet die Capital Bank hier mit
externen Beratern, während im Bereich Private Equity auf eigene
Ressourcen gesetzt werde.
Selbst Renditen von 2 bis 3% wirken im Negativzinsumfeld
verführerisch - vor allem, wenn sie mit dem Versprechen daherkommen,
stetig zu sein. Die Frage ist nur, ob man sich hier bereits in einem
Bereich bewegt, in dem es um das Erzielen von Überrenditen, auch
Alpha genannt, geht? Bei Alpha gehe es darum, Marktineffizienzen zu
isolieren und nutzbar zu machen, meint Paul Skiba, der für den
Autobauer Porsche als Assetmanager im Bereich Corporate Finance und
Treasury arbeitet. Doch langfristig gebe es gar kein Alpha. Die Kunst
sei vielmehr, "die richtigen Leute" zusammenzubringen, also die
richtige Mischung aus Know-how und Ideen, mit der etwas cleverer im
selben Teich gefischt wird, wie viele andere Anleger dies auch tun.
Auch Christian Barz, der im Portfoliomanagement von Cara Investment
arbeitet, glaubt, es gebe Alpha-Quellen, die über die Zeit wieder
verschwinden würden.
Nun gilt die Annahme, Alpha werde besser erschließbar, wenn ein
Assetmanager mehr Spielraum hat. Darauf bauen inzwischen viele
Investoren weltweit. Die in Hedgefonds investierten Mittel haben mit
über 3 Bill. Dollar weltweit ein Rekordvolumen erreicht, das meiste
Geld fließt in sehr flexible Offshore-Strukturen, die laut Feri eine
bessere Entwicklung als europäische Ucits-Vehikel zeigen. In
Deutschland sind solche Anlagen auch regulatorisch bedingt eher
spärlich in Portfolios vertreten. Wenn, dann setzen etwa Unternehmen
laut dem Bundesverband Alternative Investments etwas mehr auf
Hedgefonds. Auch Pensionskassen und Versicherungsunternehmen
berücksichtigen Hedgefonds, meiden dabei aber Offshore-Vehikel.
Abgesehen von regulatorischen Gründen oder auch Fragen zur
Risikokontrolle fällt es vielen Investoren schwer, sich Anlagen mit
zwar gefallenen, aber vergleichsweise immer noch hohen Gebühren
zuzulegen. Vielleicht führt das Negativzinsumfeld gerade zur
Einsicht, dass es keinen "Free Lunch" in der Vermögensanlage gibt.
Porsche setze nicht auf Hedgefonds, prüfe dies aber "intensiv", sagt
etwa Paul Skiba. Bisher überwiegt aber Skepsis und ein gewisses
Hilflosigkeitsgefühl gegenüber Minuszinsen. Die da und dort geäußerte
Überlegung, Hedgefonds könnten risikoarme Erträge aus Anleihen
ersetzen, liegt zwar nahe. Ob die Hedgefonds-Branche ihr Versprechen
aber in der nötigen Breite einlösen kann, ist mit Blick auf
bisherige Erfahrungen zumindest zu bezweifeln.
(Börsen-Zeitung, 07.09.2019)
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