15.02.2019 22:06 | BERLINER MORGENPOST | Presseschau
0 00,00 0 Bewertung(en) Bewertung schreiben
0 00,00 0 Bewertung(en) Bewertung schreiben
BERLINER MORGENPOST: Europa muss mehr tun / Leitartikel von Michael Backfisch
Berlin (ots) - Es sind schwere Tage für Europa. Das quälende
Hickhack bei den Brexit-Verhandlungen, die neue atomare Bedrohung im
Zuge der Kündigung des INF-Mittelstreckenvertrags sind bereits eine
gewaltige Hypothek. Hinzu kommen die immer stärker werdenden verbalen
Angriffswellen aus Washington.
Die US-Attacken gegen das insbesondere von Deutschland
vorangetriebene Erdgas-Pipeline-Projekt Nord Stream 2 haben an
Schärfe zugenommen. Auch beim Atomstreit mit dem Iran wächst der
Druck. Gerade warf US-Vizepräsident Mike Pence dem Mullah-Regime die
Vorbereitung eines "neuen Holocausts" vor. Im gleichen Atemzug
forderte er die Europäer ultimativ auf, aus dem Nuklearabkommen
auszusteigen. Es wird nicht konkret gesagt, aber es wird angedeutet:
Wenn die Europäer an dem Vertrag festhalten, ist der militärische
Schutzschirm der Amerikaner keineswegs garantiert.
Das Damoklesschwert eines US-Austritts aus der Nato schwebt seit
längerer Zeit über dem westlichen Verteidigungsbündnis.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte es geahnt, als sie im Mai 2017 in
ihrer Bierzeltrede in München-Trudering mahnte: "Die Zeiten, in denen
wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück
vorbei." Beim Nato-Gipfel im Juli 2018 drohte US-Präsident Donald
Trump unverblümt mit einem Rückzug aus der Allianz. Sollten die
Mitgliedsstaaten nicht ab sofort zwei Prozent ihrer
Wirtschaftsleistung für die Verteidigung ausgeben, würde Amerika
"sein eigenes Ding machen".
Vor diesem Hintergrund hängen dunkle Wolken über der Münchner
Sicherheitskonferenz, die am Freitagnachmittag begonnen hat. Noch nie
war die Welt so gespalten und konfliktbeladen, wenn sich rund 30
Staats- und Regierungschefs und 90 Minister aus allen Kontinenten in
der bayerischen Landeshauptstadt treffen. Die transatlantischen
Beziehungen sind schwer erschüttert, die USA ziehen sich aus
Krisenregionen wie Syrien und Afghanistan zurück. Russland setzt sich
dafür in Syrien fest - im Einvernehmen mit den autokratischen
Regierungen in der Türkei und im Iran. Derweil arbeitet China an
seinem wirtschaftlichen und politischen Aufstieg.
Es ist richtig, wenn sich die Kanzlerin und der Außenminister um
eine "Allianz der Multilateralisten" bemühen. Und es ist lobenswert,
vor allem in der Handels- und Klimapolitik auf Partner wie Japan oder
Kanada zu bauen. Dahinter steckt der Aufbau einer Gegenwelt zum
US-Präsidenten, in der verbindliche Regeln statt Polit-Machismo
vorherrschen. Allein: Das reicht nicht. Europa muss angesichts des
Unsicherheitsfaktors von Trump-Amerika mehr für die eigene
Verteidigung tun. Das ist keine Konkurrenzveranstaltung zur Nato,
sondern der europäische Anker des Bündnisses. Dazu gehört auch, dass
alle Mitglieder - auch Deutschland - das von der Allianz für 2024
anvisierte Zwei-Prozent-Ziel einlösen.
Die im November 2017 vereinbarte "Ständige Strukturierte
Zusammenarbeit" - in Anlehnung an die englische Bezeichnung "Pesco"
genannt - ist ein erster Schritt. Die aufeinander abgestimmte
Beschaffung von Waffen, die Bildung gemeinsamer Einheiten müssen
jedoch schnell umgesetzt werden. Die Zeit drängt. Die EU-Länder
sollten dies im eigenen Interesse vorantreiben. Selbst wenn der
nächste US-Präsident oder die nächste US-Präsidentin von der Partei
der Demokraten kommt: Die noch unter Bill Clinton vorhandene
Bindekraft zwischen Amerika und der "Alten Welt" wird weiter
abnehmen. Die Europäer müssen lernen, auf eigenen Füßen zu stehen.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de
Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell
Hickhack bei den Brexit-Verhandlungen, die neue atomare Bedrohung im
Zuge der Kündigung des INF-Mittelstreckenvertrags sind bereits eine
gewaltige Hypothek. Hinzu kommen die immer stärker werdenden verbalen
Angriffswellen aus Washington.
Die US-Attacken gegen das insbesondere von Deutschland
vorangetriebene Erdgas-Pipeline-Projekt Nord Stream 2 haben an
Schärfe zugenommen. Auch beim Atomstreit mit dem Iran wächst der
Druck. Gerade warf US-Vizepräsident Mike Pence dem Mullah-Regime die
Vorbereitung eines "neuen Holocausts" vor. Im gleichen Atemzug
forderte er die Europäer ultimativ auf, aus dem Nuklearabkommen
auszusteigen. Es wird nicht konkret gesagt, aber es wird angedeutet:
Wenn die Europäer an dem Vertrag festhalten, ist der militärische
Schutzschirm der Amerikaner keineswegs garantiert.
Das Damoklesschwert eines US-Austritts aus der Nato schwebt seit
längerer Zeit über dem westlichen Verteidigungsbündnis.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte es geahnt, als sie im Mai 2017 in
ihrer Bierzeltrede in München-Trudering mahnte: "Die Zeiten, in denen
wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück
vorbei." Beim Nato-Gipfel im Juli 2018 drohte US-Präsident Donald
Trump unverblümt mit einem Rückzug aus der Allianz. Sollten die
Mitgliedsstaaten nicht ab sofort zwei Prozent ihrer
Wirtschaftsleistung für die Verteidigung ausgeben, würde Amerika
"sein eigenes Ding machen".
Vor diesem Hintergrund hängen dunkle Wolken über der Münchner
Sicherheitskonferenz, die am Freitagnachmittag begonnen hat. Noch nie
war die Welt so gespalten und konfliktbeladen, wenn sich rund 30
Staats- und Regierungschefs und 90 Minister aus allen Kontinenten in
der bayerischen Landeshauptstadt treffen. Die transatlantischen
Beziehungen sind schwer erschüttert, die USA ziehen sich aus
Krisenregionen wie Syrien und Afghanistan zurück. Russland setzt sich
dafür in Syrien fest - im Einvernehmen mit den autokratischen
Regierungen in der Türkei und im Iran. Derweil arbeitet China an
seinem wirtschaftlichen und politischen Aufstieg.
Es ist richtig, wenn sich die Kanzlerin und der Außenminister um
eine "Allianz der Multilateralisten" bemühen. Und es ist lobenswert,
vor allem in der Handels- und Klimapolitik auf Partner wie Japan oder
Kanada zu bauen. Dahinter steckt der Aufbau einer Gegenwelt zum
US-Präsidenten, in der verbindliche Regeln statt Polit-Machismo
vorherrschen. Allein: Das reicht nicht. Europa muss angesichts des
Unsicherheitsfaktors von Trump-Amerika mehr für die eigene
Verteidigung tun. Das ist keine Konkurrenzveranstaltung zur Nato,
sondern der europäische Anker des Bündnisses. Dazu gehört auch, dass
alle Mitglieder - auch Deutschland - das von der Allianz für 2024
anvisierte Zwei-Prozent-Ziel einlösen.
Die im November 2017 vereinbarte "Ständige Strukturierte
Zusammenarbeit" - in Anlehnung an die englische Bezeichnung "Pesco"
genannt - ist ein erster Schritt. Die aufeinander abgestimmte
Beschaffung von Waffen, die Bildung gemeinsamer Einheiten müssen
jedoch schnell umgesetzt werden. Die Zeit drängt. Die EU-Länder
sollten dies im eigenen Interesse vorantreiben. Selbst wenn der
nächste US-Präsident oder die nächste US-Präsidentin von der Partei
der Demokraten kommt: Die noch unter Bill Clinton vorhandene
Bindekraft zwischen Amerika und der "Alten Welt" wird weiter
abnehmen. Die Europäer müssen lernen, auf eigenen Füßen zu stehen.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de
Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell
Schlagwörter
Politik , Presseschau ,
Das könnte Sie auch interessieren
Thorsten Schröder trägt Totenkopf-Tattoo / Tagesschau-Sprecher: Immer zu Wettkämpfen wie dem Ironman - Bekenntnis zum FC St. Pauli - Spitzname "Thorso" - Keine Krawattenpflicht mehr in den Tagesthemen
Osnabrück (ots) - Tagesschau-Sprecher Thorsten Schröder (56) schmückt sich zu bestimmten Anlässen gerne mit einem Totenkopf-Tattoo am Oberarm: "Das ist aufgeklebt und wird immer nur zu Wettkämpfen d...Artikel lesenDeutsche Umwelthilfe deckt auf: Falsch entsorgte Boiler und Warmwasserspeicher heizen Klimakrise massiv an
Berlin (ots) - - Knapp die Hälfte aller ausgedienten Boiler und Warmwasserspeicher enthalten hochgradig klimaschädliche FCKW - DUH-Berechnungen zeigen: Falsche Entsorgung von Boilern und Warmwas...Artikel lesenInklusions-Defizite bei Berliner Bühnen und Konzerthäusern / Behindertenvertreter beklagen Diskriminierung bei Zahl, Auswahl und Buchung von Rollstuhlplätzen
Berlin (ots) - Die meisten großen Kultureinrichtungen in Berlin erfüllen den Inklusions-Anspruch von Besuchern mit Behinderungen nur eingeschränkt. Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten D...Artikel lesenUnterstützung für junge Terror-Opfer in Israel / SOS-Kinderdörfer starten neues Programm
Petach Tikvah (ots) - Die SOS-Kinderdörfer unterstützen junge Opfer der Terror-Angriffe vom 7.Oktober 2023. Wie die Hilfsorganisation bekannt gibt, wurde ein neues Programm entwickelt, das Betroffen...Artikel lesenEnghouse Video arbeitet mit SONIFI Health zusammen, um fortschrittliche Telehealth-Lösungen in Krankenhauszimmern anzubieten
Markham, On (ots/PRNewswire) - Enghouse Video, ein weltweit führender Anbieter von hochmodernen Videotechnologielösungen, gab heute seine Partnerschaft mit SONIFI Health bekannt, die die virtuelle P...Artikel lesenMeistgelesen
- Der goldene Hase in München (FOTO)
- Das Erste: "Verliebt in Kroatien" (FOTO)
- PwC: Authentifizierung per Fingerabdruck ist im Mobile Banking eine Generationenfrage
- DER BESTE EXPORT SEIT LEGO! / Standing Ovations für den LADYDOC aus Dänemark / Sensation beim 14. Internationalen Speaker Slam
- Masters of Dance: Perfekte Harmonie (FOTO)
Meist kommentiert
- Quietschgelber Bienenfutter Automat in Fischbachtal
- Stoppt die Überfischung in der Ostsee: Deutsche Umwelthilfe und Our Fish fordern konsequente Umsetzung der wissenschaftlichen Empfehlungen für 2022
- Der Hund ist, was er isst
- Das Erste: "Und wenn das fünfte Lichtlein brennt" (AT): Weihnachtliche Komödie mit Henning Baum, Elena Uhlig, Meike Droste, Michael Lott, Max von Pufendorf, Daniel Donskoy, Tim Kalkhof u.v.m. im Dreh (FOTO)
- Einzigartiges Quiz-Tainment am Vorabend: Ruth Moschner und Steven Gätjen moderieren neue Quiz-Shows in SAT.1 (FOTO)