25.01.2023 09:30 | Wissenschaftliches Institut der AOK | Gesundheit / Medizin
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Sprachtherapien bei Kindern in der Pandemie: Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben / Heilmittelbericht beleuchtet Entwicklung von rund 46,8 Millionen Heilmittel-Leistungen
Berlin (ots) -
Während der ersten Phase der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 haben AOK-versicherte Kinder zwischen fünf und sieben Jahren weniger sprachtherapeutische Unterstützung erhalten als vor Pandemie-Beginn: Während vor der ersten Pandemie-Welle pro Quartal durchschnittlich 5,5 Prozent der Kinder zwischen fünf und sieben Jahren sprachtherapeutisch behandelt wurden, waren es in der ersten Phase der Covid-19-Pandemie vom zweiten bis zum vierten Quartal 2020 nur 5,1 Prozent. Das zeigt der aktuelle Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
"Nach dem Ende der zweiten Pandemiewelle Anfang 2021 sind trotz fortbestehender Beschränkungen Arztpraxen und Therapeuten wieder häufiger aufgesucht und aufgeschobene Sprachtherapien nachgeholt worden. Angesichts der vielfach befürchteten Auswirkungen der Pandemie-Einschränkungen auf die Sprachentwicklung der Kinder ist dies ein positiver Befund", kommentiert Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO, die Ergebnisse des aktuellen Heilmittelberichts.
Eine Analyse der Therapien im Zeitverlauf ab dem dritten Quartal 2018 macht deutlich, dass zu Beginn der Covid-19-Pandemie im zweiten Quartal 2020 mit 4,9 Prozent ein sehr viel niedrigerer Wert bei den Sprachtherapien für Kinder von fünf bis sieben Jahren zu verzeichnen war als ein Jahr zuvor beziehungsweise im 2. Quartal 2019. Von den 791.000 Kindern zwischen fünf bis sieben Jahren, die im zweiten Quartal 2020 bei der AOK versichert waren, wurden insgesamt 38.800 Kinder sprachtherapeutisch unterstützt. Der Anteil stieg in den Folgequartalen langsam wieder an und erreichte im ersten Quartal 2021 den höchsten Wert von 6,5 Prozent (53.400 AOK-versicherte Kinder).
Gleichzeitig war in dieser Altersgruppe, die am häufigsten Sprachtherapie verordnet bekommt, Anfang 2021 auch ein Höchstwert bei der Behandlungsintensität festzustellen. So erhielt jedes behandelte Kind im ersten Quartal 2021 durchschnittlich 11,2 Therapiesitzungen. "Dieser Anstieg deutet auf eine erhöhte Behandlungsbedürftigkeit nach dem ersten Lockdown hin. Es ist zu vermuten, dass dies auf die aufgeschobenen sprachtherapeutischen Behandlungen oder auf eine mangelnde Sprachpraxis bei den Kindern im ersten Lockdown zurückzuführen ist", so Helmut Schröder. Nach dem Spitzenwert im ersten Quartal 2021 ist die Rate im weiteren Verlauf des Jahres wieder gesunken und hat mit 10,4 Behandlungen je Kind im dritten und vierten Quartal 2021 das durchschnittliche Niveau der Vor-Pandemie-Zeit erreicht.
Auch die Häufigkeit der ärztlich dokumentierten Sprachentwicklungsstörungen hat sich in der Pandemie verändert. Vor der Pandemie waren pro Quartal durchschnittlich 16,1 Prozent aller AOK-versicherten Kinder zwischen fünf und sieben Jahren davon betroffen. In den ersten Pandemie-Monaten zwischen April und Dezember 2020 wurden Sprachentwicklungsstörungen bei nur 15,1 Prozent dieser Kinder diagnostiziert - dies entspricht einem Rückgang um 6,2 Prozent gegenüber den Quartalen vor der Pandemie. "Es liegt die Vermutung nahe, dass Sprachentwicklungsstörungen bei den Kindern nicht erkannt und somit auch nicht behandelt werden konnten, da gerade zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 Lockdown-bedingt Arzttermine verschoben wurden", so Schröder. Gleichzeitig deute die Entwicklung der diagnostizierten Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern im Jahr 2021 auf einen anfänglichen Nachholeffekt, ansonsten aber eher auf eine Normalisierung im Vergleich zu den Zeiten vor der Covid-19-Pandemie hin. "Offenbar hat die Sprachentwicklung von Kindern in der Pandemie-Zeit trotz der Einschränkungen keinen größeren Schaden genommen", so Schröder. "Auch in der Zukunft wird es vor allem auf das bewährte Zusammenspiel von Eltern, Kindergärten, Ärzten und Sprachtherapeuten ankommen, um Kinder in ihrer Sprachentwicklung zu unterstützen."
Sprachtherapien können Kinder unterstützen, falls im Rahmen ärztlicher Untersuchungen Sprachentwicklungsstörungen erkannt werden. Bei Kindern bis 14 Jahre sind Sprachentwicklungsstörungen (ICD-F80) der häufigste Anlass für eine Heilmittelbehandlung. Insgesamt wurde eine Sprachtherapie im Jahr 2021 für ca. 184.000 Kinder abgerechnet, was einem Anteil von 45,2 Prozent aller Kinder mit Heilmitteltherapie entspricht. Fast zwei Drittel dieser Kinder (61,2 Prozent) waren zwischen fünf und sieben Jahre alt. Da mit etwa fünf Jahren die Sprachentwicklung weitestgehend abgeschlossen ist, wird bei der zu dieser Zeit anstehenden U9-Untersuchung besonders darauf geachtet, ob die Kinder alle sprachlichen Meilensteine gemeistert haben und fit für die Schule sind.
Für den Heilmittelbericht 2022/2023 hat das WIdO die rund 46,8 Millionen Heilmittelleistungen ausgewertet, die 2021 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet wurden. Je 1.000 Versicherte wurden 640 Leistungen abgerechnet, was gegenüber 2020 einer Zunahme um 7,4 Prozent entspricht. Die Ausgaben der GKV für Heilmitteltherapien beliefen sich auf insgesamt 10,2 Milliarden Euro. Damit erhöhte sich der absolute Heilmittelumsatz gegenüber dem Vorjahr um 9,6 Prozent. Heilmittel umfassen ergotherapeutische, sprachtherapeutische, podologische und physiotherapeutische Leistungen. Der Heilmittelbericht zeigt Trends in der Heilmittelversorgung der GKV und stellt die Versorgung der AOK-Versicherten alters-, geschlechts- und diagnosespezifisch dar.
Hinweis für die Redaktionen: Der Heilmittelbericht steht zum kostenfreien Download zur Verfügung: https://www.wido.de/publikationen-produkte/buchreihen/heilmittelbericht/2022/
Pressekontakt:
Wissenschaftliches Institut der AOK
Pressestelle
Peter Willenborg
Telefon: 030 34646 2467
Mobil: 0173 / 8607866
E-Mail: presse@wido.bv.aok.de
Original-Content von: Wissenschaftliches Institut der AOK, übermittelt durch news aktuell
Während der ersten Phase der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 haben AOK-versicherte Kinder zwischen fünf und sieben Jahren weniger sprachtherapeutische Unterstützung erhalten als vor Pandemie-Beginn: Während vor der ersten Pandemie-Welle pro Quartal durchschnittlich 5,5 Prozent der Kinder zwischen fünf und sieben Jahren sprachtherapeutisch behandelt wurden, waren es in der ersten Phase der Covid-19-Pandemie vom zweiten bis zum vierten Quartal 2020 nur 5,1 Prozent. Das zeigt der aktuelle Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
"Nach dem Ende der zweiten Pandemiewelle Anfang 2021 sind trotz fortbestehender Beschränkungen Arztpraxen und Therapeuten wieder häufiger aufgesucht und aufgeschobene Sprachtherapien nachgeholt worden. Angesichts der vielfach befürchteten Auswirkungen der Pandemie-Einschränkungen auf die Sprachentwicklung der Kinder ist dies ein positiver Befund", kommentiert Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO, die Ergebnisse des aktuellen Heilmittelberichts.
Eine Analyse der Therapien im Zeitverlauf ab dem dritten Quartal 2018 macht deutlich, dass zu Beginn der Covid-19-Pandemie im zweiten Quartal 2020 mit 4,9 Prozent ein sehr viel niedrigerer Wert bei den Sprachtherapien für Kinder von fünf bis sieben Jahren zu verzeichnen war als ein Jahr zuvor beziehungsweise im 2. Quartal 2019. Von den 791.000 Kindern zwischen fünf bis sieben Jahren, die im zweiten Quartal 2020 bei der AOK versichert waren, wurden insgesamt 38.800 Kinder sprachtherapeutisch unterstützt. Der Anteil stieg in den Folgequartalen langsam wieder an und erreichte im ersten Quartal 2021 den höchsten Wert von 6,5 Prozent (53.400 AOK-versicherte Kinder).
Gleichzeitig war in dieser Altersgruppe, die am häufigsten Sprachtherapie verordnet bekommt, Anfang 2021 auch ein Höchstwert bei der Behandlungsintensität festzustellen. So erhielt jedes behandelte Kind im ersten Quartal 2021 durchschnittlich 11,2 Therapiesitzungen. "Dieser Anstieg deutet auf eine erhöhte Behandlungsbedürftigkeit nach dem ersten Lockdown hin. Es ist zu vermuten, dass dies auf die aufgeschobenen sprachtherapeutischen Behandlungen oder auf eine mangelnde Sprachpraxis bei den Kindern im ersten Lockdown zurückzuführen ist", so Helmut Schröder. Nach dem Spitzenwert im ersten Quartal 2021 ist die Rate im weiteren Verlauf des Jahres wieder gesunken und hat mit 10,4 Behandlungen je Kind im dritten und vierten Quartal 2021 das durchschnittliche Niveau der Vor-Pandemie-Zeit erreicht.
Auch die Häufigkeit der ärztlich dokumentierten Sprachentwicklungsstörungen hat sich in der Pandemie verändert. Vor der Pandemie waren pro Quartal durchschnittlich 16,1 Prozent aller AOK-versicherten Kinder zwischen fünf und sieben Jahren davon betroffen. In den ersten Pandemie-Monaten zwischen April und Dezember 2020 wurden Sprachentwicklungsstörungen bei nur 15,1 Prozent dieser Kinder diagnostiziert - dies entspricht einem Rückgang um 6,2 Prozent gegenüber den Quartalen vor der Pandemie. "Es liegt die Vermutung nahe, dass Sprachentwicklungsstörungen bei den Kindern nicht erkannt und somit auch nicht behandelt werden konnten, da gerade zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 Lockdown-bedingt Arzttermine verschoben wurden", so Schröder. Gleichzeitig deute die Entwicklung der diagnostizierten Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern im Jahr 2021 auf einen anfänglichen Nachholeffekt, ansonsten aber eher auf eine Normalisierung im Vergleich zu den Zeiten vor der Covid-19-Pandemie hin. "Offenbar hat die Sprachentwicklung von Kindern in der Pandemie-Zeit trotz der Einschränkungen keinen größeren Schaden genommen", so Schröder. "Auch in der Zukunft wird es vor allem auf das bewährte Zusammenspiel von Eltern, Kindergärten, Ärzten und Sprachtherapeuten ankommen, um Kinder in ihrer Sprachentwicklung zu unterstützen."
Sprachtherapien können Kinder unterstützen, falls im Rahmen ärztlicher Untersuchungen Sprachentwicklungsstörungen erkannt werden. Bei Kindern bis 14 Jahre sind Sprachentwicklungsstörungen (ICD-F80) der häufigste Anlass für eine Heilmittelbehandlung. Insgesamt wurde eine Sprachtherapie im Jahr 2021 für ca. 184.000 Kinder abgerechnet, was einem Anteil von 45,2 Prozent aller Kinder mit Heilmitteltherapie entspricht. Fast zwei Drittel dieser Kinder (61,2 Prozent) waren zwischen fünf und sieben Jahre alt. Da mit etwa fünf Jahren die Sprachentwicklung weitestgehend abgeschlossen ist, wird bei der zu dieser Zeit anstehenden U9-Untersuchung besonders darauf geachtet, ob die Kinder alle sprachlichen Meilensteine gemeistert haben und fit für die Schule sind.
Für den Heilmittelbericht 2022/2023 hat das WIdO die rund 46,8 Millionen Heilmittelleistungen ausgewertet, die 2021 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet wurden. Je 1.000 Versicherte wurden 640 Leistungen abgerechnet, was gegenüber 2020 einer Zunahme um 7,4 Prozent entspricht. Die Ausgaben der GKV für Heilmitteltherapien beliefen sich auf insgesamt 10,2 Milliarden Euro. Damit erhöhte sich der absolute Heilmittelumsatz gegenüber dem Vorjahr um 9,6 Prozent. Heilmittel umfassen ergotherapeutische, sprachtherapeutische, podologische und physiotherapeutische Leistungen. Der Heilmittelbericht zeigt Trends in der Heilmittelversorgung der GKV und stellt die Versorgung der AOK-Versicherten alters-, geschlechts- und diagnosespezifisch dar.
Hinweis für die Redaktionen: Der Heilmittelbericht steht zum kostenfreien Download zur Verfügung: https://www.wido.de/publikationen-produkte/buchreihen/heilmittelbericht/2022/
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Telefon: 030 34646 2467
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