25.06.2019 20:00 | Mittelbayerische Zeitung | Presseschau
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Mittelbayerische Zeitung: Trumps zweite Staffel / Der US-Präsident will es 2020 noch einmal wissen. Mit seiner giftigen Kampagne zielt er auf Amerikas Wutbürger. Von Karl Doemens
Regensburg (ots) - Vier Jahre ist es her, dass ein gnadenloser
Populist und Selbstdarsteller die goldene Rolltreppe im New Yorker
Trump-Tower herunterfuhr und unten vor den Kameras Alarm schlug:
"Unser Land ist in ernster Gefahr", warnte er vor chinesischer
Wirtschaftskonkurrenz und "mexikanischen Vergewaltigern", die das
Land angeblich bedrohten. "Der amerikanische Traum ist tot", sagte
Donald Trump: "Aber als Präsident werde ich ihn wiederbeleben." Mit
genau derselben Masche bewirbt sich der 73-Jährige nun um den
Wiedereinzug ins Weiße Haus. Und seine Anhänger fiebern der zweiten
Staffel des Polit-Dramas entgegen. Von seinen damaligen Versprechen
hat Trump nur wenig eingelöst: Die Einwanderung aus dem Süden, die er
mit einer "wunderbaren Mauer" stoppen wollte, erreicht gerade
Rekordniveau. Der Handelskrieg mit China schadet den amerikanischen
Farmern. Im Nahen Osten droht ein Krieg, den der Isolationist
unbedingt vermeiden wollte. Die Straßen im mittleren Westen
verkommen, während sich das gigantische Infrastrukturpaket als Fata
Morgana entpuppt. Und die Steuerreform hat zwar den Unternehmen
geholfen, aber die Kluft zwischen Arm und Reich noch weiter geöffnet.
In der nächsten Amtszeit will Trump offenbar wenig anders machen.
Seine Rede zum Kampagnenstart in Orlando vergangene Woche enthielt
jede Menge Selbstlob, aber keine konkreten Ziele. Die Basis des
Präsidenten stört das nicht: Die Mehrheit der republikanischen Wähler
steht in Umfragen unverdrossen hinter Trump, seine Kritiker im
Kongress sind verstummt, und einen ernsthaften parteiinternen
Konkurrenten um das höchste Amt im Staat gibt es nicht. Das mag
verwundern. Doch offensichtlich geht es seinen Anhängern weniger um
Inhalte, als um ein Zeichen: Trump ist ihr ausgestreckter
Mittelfinger für das System, von dem sie sich ungerecht behandelt und
marginalisiert fühlen. Der Milliardär gibt den Rächer der Enterbten
und kaschiert seinen Egotrip mit finsteren Ressentiments und
konservativen Schlagwörtern als Kulturkampf gegen die Mächte des
Bösen. Solange die Wirtschaft gut läuft, scheint das zynische
Illusionstheater bei seiner Fangemeinde zu verfangen. Trotzdem haben
die Demokraten eine gute Chance, im Herbst des nächsten Jahres das
Ruder herumzureißen. Die Konjunktur in den USA zeigt erste
Schleifspuren. Und selbst in den internen Umfragen des Weißen Hauses
rangiert der Präsident derzeit hinter dem aussichtsreichsten
demokratischen Herausforderer Joe Biden. Das sind Momentaufnahmen.
Doch noch verfügt Trump über einen Amtsbonus, während Herausforderer
wie Pete Buttigieg oder Elizabeth Warren ihre mediale Präsenz noch
ausbauen müssen. Gleichwohl hat Trump nie über seine eingeschworene
rechte Basis hinausgestrahlt. Auch die Rede in Orlando zielte nur
darauf ab, die Kernklientel bei Stimmung zu halten. In seinem
ressentimentbehafteten und streckenweise regelrecht giftigen Vortrag
gab es keine präsidiale Geste. Trump will spalten, nicht versöhnen.
Das sichert ihm den Zuspruch seiner hartgesottenen Anhänger. Es
eröffnet aber zugleich Perspektiven für die Demokraten. Eine
Schlammschlacht mit dem Präsidenten wird sie nicht weiterbringen.
Noch schlimmer wäre es, wenn sich ihre 23 Kandidaten im Vorwahlkampf
gegenseitig zerfetzen. Stattdessen müssen die Bewerber konkrete
politische Angebote für die Unentschlossenen und Wechselwähler
entwickeln, ohne dabei ihre eigenen Anhänger zu enttäuschen. Das ist
ein schwieriger Spagat. Doch wenn es gelingt, das anständige Amerika
zu mobilisieren und vor allem in den Swing-States, die mal
demokratisch und mal republikanisch wählen, genügend Menschen an die
Urnen zu bringen, kann eine Mehrheit durchaus zustande kommen. Dann
wäre der Spuk in 17 Monaten vorbei - aber nur dann.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Populist und Selbstdarsteller die goldene Rolltreppe im New Yorker
Trump-Tower herunterfuhr und unten vor den Kameras Alarm schlug:
"Unser Land ist in ernster Gefahr", warnte er vor chinesischer
Wirtschaftskonkurrenz und "mexikanischen Vergewaltigern", die das
Land angeblich bedrohten. "Der amerikanische Traum ist tot", sagte
Donald Trump: "Aber als Präsident werde ich ihn wiederbeleben." Mit
genau derselben Masche bewirbt sich der 73-Jährige nun um den
Wiedereinzug ins Weiße Haus. Und seine Anhänger fiebern der zweiten
Staffel des Polit-Dramas entgegen. Von seinen damaligen Versprechen
hat Trump nur wenig eingelöst: Die Einwanderung aus dem Süden, die er
mit einer "wunderbaren Mauer" stoppen wollte, erreicht gerade
Rekordniveau. Der Handelskrieg mit China schadet den amerikanischen
Farmern. Im Nahen Osten droht ein Krieg, den der Isolationist
unbedingt vermeiden wollte. Die Straßen im mittleren Westen
verkommen, während sich das gigantische Infrastrukturpaket als Fata
Morgana entpuppt. Und die Steuerreform hat zwar den Unternehmen
geholfen, aber die Kluft zwischen Arm und Reich noch weiter geöffnet.
In der nächsten Amtszeit will Trump offenbar wenig anders machen.
Seine Rede zum Kampagnenstart in Orlando vergangene Woche enthielt
jede Menge Selbstlob, aber keine konkreten Ziele. Die Basis des
Präsidenten stört das nicht: Die Mehrheit der republikanischen Wähler
steht in Umfragen unverdrossen hinter Trump, seine Kritiker im
Kongress sind verstummt, und einen ernsthaften parteiinternen
Konkurrenten um das höchste Amt im Staat gibt es nicht. Das mag
verwundern. Doch offensichtlich geht es seinen Anhängern weniger um
Inhalte, als um ein Zeichen: Trump ist ihr ausgestreckter
Mittelfinger für das System, von dem sie sich ungerecht behandelt und
marginalisiert fühlen. Der Milliardär gibt den Rächer der Enterbten
und kaschiert seinen Egotrip mit finsteren Ressentiments und
konservativen Schlagwörtern als Kulturkampf gegen die Mächte des
Bösen. Solange die Wirtschaft gut läuft, scheint das zynische
Illusionstheater bei seiner Fangemeinde zu verfangen. Trotzdem haben
die Demokraten eine gute Chance, im Herbst des nächsten Jahres das
Ruder herumzureißen. Die Konjunktur in den USA zeigt erste
Schleifspuren. Und selbst in den internen Umfragen des Weißen Hauses
rangiert der Präsident derzeit hinter dem aussichtsreichsten
demokratischen Herausforderer Joe Biden. Das sind Momentaufnahmen.
Doch noch verfügt Trump über einen Amtsbonus, während Herausforderer
wie Pete Buttigieg oder Elizabeth Warren ihre mediale Präsenz noch
ausbauen müssen. Gleichwohl hat Trump nie über seine eingeschworene
rechte Basis hinausgestrahlt. Auch die Rede in Orlando zielte nur
darauf ab, die Kernklientel bei Stimmung zu halten. In seinem
ressentimentbehafteten und streckenweise regelrecht giftigen Vortrag
gab es keine präsidiale Geste. Trump will spalten, nicht versöhnen.
Das sichert ihm den Zuspruch seiner hartgesottenen Anhänger. Es
eröffnet aber zugleich Perspektiven für die Demokraten. Eine
Schlammschlacht mit dem Präsidenten wird sie nicht weiterbringen.
Noch schlimmer wäre es, wenn sich ihre 23 Kandidaten im Vorwahlkampf
gegenseitig zerfetzen. Stattdessen müssen die Bewerber konkrete
politische Angebote für die Unentschlossenen und Wechselwähler
entwickeln, ohne dabei ihre eigenen Anhänger zu enttäuschen. Das ist
ein schwieriger Spagat. Doch wenn es gelingt, das anständige Amerika
zu mobilisieren und vor allem in den Swing-States, die mal
demokratisch und mal republikanisch wählen, genügend Menschen an die
Urnen zu bringen, kann eine Mehrheit durchaus zustande kommen. Dann
wäre der Spuk in 17 Monaten vorbei - aber nur dann.
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