24.04.2019 20:19 | Mittelbayerische Zeitung | Presseschau
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Mittelbayerische Zeitung: Spenden sind nötig - und gefährlich Daimler streicht die Parteispenden und wirft damit ein Schlaglicht auf eine seit Jahren andauernde Debatte, die auch Regensburg bewegt. Von Christine Strasser
Regensburg (ots) - Politische Landschaftspflege ist ein Ausdruck,
der die Regensburger Kommunalpolitik umweht wie ein eiskalter Hauch.
Der suspendierte OB Joachim Wolbergs ist angesichts von
Wahlkampfspenden verschiedener Bauträger in juristische
Auseinandersetzungen verstrickt. Selbst wenn in dem vor dem
Landgericht laufenden Korruptionsprozess wie geplant im Sommer ein
Urteil fällt, ist das noch lange nicht das Ende. Wolbergs wird sich
einem weiteren Verfahren stellen müssen - mindestens einem. Die
Ermittlungsverfahren gegen Alt-OB Hans Schaidinger, den
Landtagsabgeordneten Franz Rieger sowie Stadtrat Christian Schlegl
sind weiter bei der Staatsanwaltschaft anhängig. Den CSU-Politikern
könnte also ebenfalls noch Ärger ins Haus stehen. Parteispenden sind
in der Region schon lange ein Reizwort. Auf Bundesebene ist nun
ebenfalls wieder einmal eine Debatte darüber entflammt. Der
Automobilkonzern Daimler hat angekündigt, dass alle Parteispenden
gestrichen sind. In einem Jahr mit vier Landtagswahlen und der
Europawahl ist das bitter für CDU, CSU, SPD, FDPund Grüne, die noch
2018 darauf setzen konnten, im Frühjahr einen Geldregen zu bekommen.
Über die Gründe für die Entscheidung bei Daimler kann man nur
spekulieren. Die Spendenbereitschaft deutscher Großunternehmen und
von Verbänden ist aber schon in den vergangenen Jahren
zurückgegangen. Parteispenden werden - befeuert auch von dem jüngsten
Skandal um die AfD - zunehmend kritisch betrachtet. Gleichzeitig
verhält es sich mit Spenden als Finanzierungsform - frei nach Winston
Churchill - ähnlich, wie mit der Demokratie. Es ist womöglich die
Schlechteste aller Regierungsformen, ausgenommen alle anderen. Im
Grundgesetz steht, dass Parteien an der Willensbildung des Volkes
mitwirken. Sie speisen den Willen der Bevölkerung ins demokratische
System ein - unabhängig vom Staat. Das können die Parteien jedoch
nur, wenn sie über finanzielle Mittel verfügen. Aber woher soll das
Geld kommen? Eine vollständige Parteienfinanzierung durch den Staat
stünde im Widerspruch zum Grundgesetz. Und mit Mitgliederbeiträgen
allein kommen Parteien nicht weit. Spenden sind folglich notwendig.
Gleichzeitig stellen sie eine Gefahr dar. So ein System setzt
Selbstkontrolle und Anstand voraus, die im politischen Geschäft - wie
andernorts auch - nicht überall greifen. Der Verfassungsrechtler und
Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim hat durch seine Enthüllungen
Missbrauch und Versuchungen aufgezeigt. Klar ist: Wer große Summen an
die Politik zahlt, verspricht sich etwas davon. Unternehmen, Banken
oder Versicherungen, die sämtliche großen Parteien regelmäßig mit
Spenden bedenken, werden nicht von edlen staatsbürgerlichen Motiven
angetrieben. Sie möchten die Politik für sich gewogen stimmen. In der
Demokratie ist das aber auch heikel. Politischer Einfluss soll von
überzeugenden Argumenten abhängen, nicht vom Geld. Alle Bürger sind
gleichberechtigt, unabhängig von der Größe des Vermögens. Die
Parteiendemokratie lebt vom offenen und fairen Wettbewerb. Von
Transparenz kann aber nicht die Rede sein, wenn Spenden erst ab einer
Grenze von 10 000 Euro veröffentlich werden müssen und das auch erst
mit langem Nachlauf. Darüber hinaus fehlen im Parteiengesetz bislang
Regelungen für das Parteiensponsoring. Für Firmen, die sich auf
Parteitagen an messeartigen Ständen präsentieren oder auf anderen
Veranstaltungen ihr Logo platzieren, gelten bislang keine
Transparenzpflichten. Das Sponsoring kann obendrein anders als die
Parteispenden steuerlich geltend gemacht werden. Wenn Unternehmen wie
Daimler also ankündigen, keine Spenden mehr zu zahlen, heißt das
nicht, dass sie sich aus der Parteienfinanzierung zurückziehen. Ganz
im Gegenteil.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
der die Regensburger Kommunalpolitik umweht wie ein eiskalter Hauch.
Der suspendierte OB Joachim Wolbergs ist angesichts von
Wahlkampfspenden verschiedener Bauträger in juristische
Auseinandersetzungen verstrickt. Selbst wenn in dem vor dem
Landgericht laufenden Korruptionsprozess wie geplant im Sommer ein
Urteil fällt, ist das noch lange nicht das Ende. Wolbergs wird sich
einem weiteren Verfahren stellen müssen - mindestens einem. Die
Ermittlungsverfahren gegen Alt-OB Hans Schaidinger, den
Landtagsabgeordneten Franz Rieger sowie Stadtrat Christian Schlegl
sind weiter bei der Staatsanwaltschaft anhängig. Den CSU-Politikern
könnte also ebenfalls noch Ärger ins Haus stehen. Parteispenden sind
in der Region schon lange ein Reizwort. Auf Bundesebene ist nun
ebenfalls wieder einmal eine Debatte darüber entflammt. Der
Automobilkonzern Daimler hat angekündigt, dass alle Parteispenden
gestrichen sind. In einem Jahr mit vier Landtagswahlen und der
Europawahl ist das bitter für CDU, CSU, SPD, FDPund Grüne, die noch
2018 darauf setzen konnten, im Frühjahr einen Geldregen zu bekommen.
Über die Gründe für die Entscheidung bei Daimler kann man nur
spekulieren. Die Spendenbereitschaft deutscher Großunternehmen und
von Verbänden ist aber schon in den vergangenen Jahren
zurückgegangen. Parteispenden werden - befeuert auch von dem jüngsten
Skandal um die AfD - zunehmend kritisch betrachtet. Gleichzeitig
verhält es sich mit Spenden als Finanzierungsform - frei nach Winston
Churchill - ähnlich, wie mit der Demokratie. Es ist womöglich die
Schlechteste aller Regierungsformen, ausgenommen alle anderen. Im
Grundgesetz steht, dass Parteien an der Willensbildung des Volkes
mitwirken. Sie speisen den Willen der Bevölkerung ins demokratische
System ein - unabhängig vom Staat. Das können die Parteien jedoch
nur, wenn sie über finanzielle Mittel verfügen. Aber woher soll das
Geld kommen? Eine vollständige Parteienfinanzierung durch den Staat
stünde im Widerspruch zum Grundgesetz. Und mit Mitgliederbeiträgen
allein kommen Parteien nicht weit. Spenden sind folglich notwendig.
Gleichzeitig stellen sie eine Gefahr dar. So ein System setzt
Selbstkontrolle und Anstand voraus, die im politischen Geschäft - wie
andernorts auch - nicht überall greifen. Der Verfassungsrechtler und
Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim hat durch seine Enthüllungen
Missbrauch und Versuchungen aufgezeigt. Klar ist: Wer große Summen an
die Politik zahlt, verspricht sich etwas davon. Unternehmen, Banken
oder Versicherungen, die sämtliche großen Parteien regelmäßig mit
Spenden bedenken, werden nicht von edlen staatsbürgerlichen Motiven
angetrieben. Sie möchten die Politik für sich gewogen stimmen. In der
Demokratie ist das aber auch heikel. Politischer Einfluss soll von
überzeugenden Argumenten abhängen, nicht vom Geld. Alle Bürger sind
gleichberechtigt, unabhängig von der Größe des Vermögens. Die
Parteiendemokratie lebt vom offenen und fairen Wettbewerb. Von
Transparenz kann aber nicht die Rede sein, wenn Spenden erst ab einer
Grenze von 10 000 Euro veröffentlich werden müssen und das auch erst
mit langem Nachlauf. Darüber hinaus fehlen im Parteiengesetz bislang
Regelungen für das Parteiensponsoring. Für Firmen, die sich auf
Parteitagen an messeartigen Ständen präsentieren oder auf anderen
Veranstaltungen ihr Logo platzieren, gelten bislang keine
Transparenzpflichten. Das Sponsoring kann obendrein anders als die
Parteispenden steuerlich geltend gemacht werden. Wenn Unternehmen wie
Daimler also ankündigen, keine Spenden mehr zu zahlen, heißt das
nicht, dass sie sich aus der Parteienfinanzierung zurückziehen. Ganz
im Gegenteil.
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