20.03.2019 19:53 | Mittelbayerische Zeitung | Presseschau
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Mittelbayerische Zeitung: Roter Hüter der schwarzen Null Wegen der schwächeren Konjunktur und anderer Risiken tritt Finanzminister Olaf Scholz auf die Ausgabenbremse. Von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots) - Auch Bundeskassenwart Olaf Scholz verfährt
offenbar nach dem Motto: Der Finanzminister, der populär sein möchte,
hat seinen Beruf verfehlt. Der einstige Erste Bürgermeister Hamburgs
ist zwar nicht so knurrig wie sein Vorgänger Wolfgang Schäuble, doch
in der Sache genauso hart. Scholz gibt in Berlin sozusagen den roten
Hüter der schwarzen Null. Und weil Sozialdemokraten immer noch mit
dem Vorurteil leben müssen, sie könnten nicht mit Geld umgehen,
bereitet er das Volk so langsam darauf vor, dass die fetten Jahre zu
Ende gehen. Die Ausgaben des Bundes werden mittelfristig - wegen der
schwächeren Konjunktur und anderer Risiken - nicht mehr so kräftig
zulegen können wie in den Jahren zuvor. Die Kunst des Finanzministers
besteht nun darin, den Ausgabenanstieg zu bremsen, jedoch dabei nicht
in einen Abschwung hineinzusparen. Mehr Geld ausgeben kann jeder.
Kluge Prioritäten für künftiges Wachstum zu setzen, lautet die
Herausforderung. Dass nach der Verkündung von Scholz' Haushaltszahlen
für das kommende Jahr sowie des Finanzplans bis 2023 viele
Kabinettskollegen, die Opposition, Verbände und Interessenvertreter
aufschreien, gehört zum üblichen politischen Spiel. Ein
Finanzminister kann schon von der Natur seines Amtes her nicht
jedermanns Liebling sein. Auffällig jedoch ist, dass der
Sozialdemokrat die Ressorts der Union härter rannimmt als die der
eigenen Parteifreunde. Für die unionsgeführten Ministerien der
Verteidigung, Entwicklungshilfe oder Verkehr etwa soll es zwar
nominal jeweils mehr Geld geben, doch die Wünsche - und auch die
internationalen Zwänge, etwa in der Nato - sind bei
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen weit größer. Ähnlich
ergeht es Entwicklungsminister Gerd Müller oder Verkehrsminister
Andreas Scheuer, beide von der CSU. Auf der anderen Seite sollen die
Sozialausgaben kräftig zunehmen. Die Marke von 200 Milliarden Euro
kommt in Sicht, die der Bund jährlich zur Rente zuschießt, für
Familienförderung, Kitas und anderes mehr überweist. Und dabei ist
das milliardenschwere SPD-Lieblingsprojekt, die Grund- oder auch
"Respektrente", noch nicht einmal enthalten. Wesentlich weniger -
nämlich nur rund 40 Milliarden Euro - sollen dagegen in die
Infrastruktur, in Straßen, Schienen, schnelles Internet,
Digitalisierung, Wohnungsbau oder Forschung und Entwicklung
investiert werden. Völlig unterbelichtet ist zudem die Förderung der
ländlichen Räume. Dem kräftigen Aufwuchs im Sozialbereich steht ein
vergleichsweise dürftiger Zuwachs bei den Investitionen gegenüber.
Das ist kein gutes, kein nachhaltiges Verhältnis. Die
Investitionsquote des Bundes sinkt bis 2023 sogar ab. Die
schwarz-rote GroKo setzt zu viel auf Konsum, vor allem der älteren
Generationen, während sie die Investitionen auf Sparflamme hält.
Damit wird jedoch Wohlstand in der Zukunft verspielt. Schüler und
Studenten demonstrieren freitags für mehr Klimaschutz - zu Recht. Die
jungen Leute könnten ebenso gut für mehr Gerechtigkeit zwischen den
Generationen auf die Straße gehen. Beim - verständlichen - Streit um
den Haushalt sollte freilich nicht übersehen werden, dass im
Scholz-Paket für die nächsten Jahre auch steuerliche Entlastungen von
rund 25 Milliarden Euro stecken. Den Löwenanteil echter Verbesserung
bringt die Abschaffung des Soli für rund 90 Prozent der
Einkommenssteuerzahler. Auch ist es aller Ehren wert, dass sich
Scholz, anders als seine Vorgänger, daran macht, die sogenannte kalte
Progression auszugleichen, die Lohnzuwächse kräftig auffrisst.
Freilich sind auch dies keine "Steuergeschenke", wie manche
vorschnell meinen, sondern die Bürger können etwas mehr von dem in
der Tasche behalten, was sie zuvor erarbeitet haben.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
offenbar nach dem Motto: Der Finanzminister, der populär sein möchte,
hat seinen Beruf verfehlt. Der einstige Erste Bürgermeister Hamburgs
ist zwar nicht so knurrig wie sein Vorgänger Wolfgang Schäuble, doch
in der Sache genauso hart. Scholz gibt in Berlin sozusagen den roten
Hüter der schwarzen Null. Und weil Sozialdemokraten immer noch mit
dem Vorurteil leben müssen, sie könnten nicht mit Geld umgehen,
bereitet er das Volk so langsam darauf vor, dass die fetten Jahre zu
Ende gehen. Die Ausgaben des Bundes werden mittelfristig - wegen der
schwächeren Konjunktur und anderer Risiken - nicht mehr so kräftig
zulegen können wie in den Jahren zuvor. Die Kunst des Finanzministers
besteht nun darin, den Ausgabenanstieg zu bremsen, jedoch dabei nicht
in einen Abschwung hineinzusparen. Mehr Geld ausgeben kann jeder.
Kluge Prioritäten für künftiges Wachstum zu setzen, lautet die
Herausforderung. Dass nach der Verkündung von Scholz' Haushaltszahlen
für das kommende Jahr sowie des Finanzplans bis 2023 viele
Kabinettskollegen, die Opposition, Verbände und Interessenvertreter
aufschreien, gehört zum üblichen politischen Spiel. Ein
Finanzminister kann schon von der Natur seines Amtes her nicht
jedermanns Liebling sein. Auffällig jedoch ist, dass der
Sozialdemokrat die Ressorts der Union härter rannimmt als die der
eigenen Parteifreunde. Für die unionsgeführten Ministerien der
Verteidigung, Entwicklungshilfe oder Verkehr etwa soll es zwar
nominal jeweils mehr Geld geben, doch die Wünsche - und auch die
internationalen Zwänge, etwa in der Nato - sind bei
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen weit größer. Ähnlich
ergeht es Entwicklungsminister Gerd Müller oder Verkehrsminister
Andreas Scheuer, beide von der CSU. Auf der anderen Seite sollen die
Sozialausgaben kräftig zunehmen. Die Marke von 200 Milliarden Euro
kommt in Sicht, die der Bund jährlich zur Rente zuschießt, für
Familienförderung, Kitas und anderes mehr überweist. Und dabei ist
das milliardenschwere SPD-Lieblingsprojekt, die Grund- oder auch
"Respektrente", noch nicht einmal enthalten. Wesentlich weniger -
nämlich nur rund 40 Milliarden Euro - sollen dagegen in die
Infrastruktur, in Straßen, Schienen, schnelles Internet,
Digitalisierung, Wohnungsbau oder Forschung und Entwicklung
investiert werden. Völlig unterbelichtet ist zudem die Förderung der
ländlichen Räume. Dem kräftigen Aufwuchs im Sozialbereich steht ein
vergleichsweise dürftiger Zuwachs bei den Investitionen gegenüber.
Das ist kein gutes, kein nachhaltiges Verhältnis. Die
Investitionsquote des Bundes sinkt bis 2023 sogar ab. Die
schwarz-rote GroKo setzt zu viel auf Konsum, vor allem der älteren
Generationen, während sie die Investitionen auf Sparflamme hält.
Damit wird jedoch Wohlstand in der Zukunft verspielt. Schüler und
Studenten demonstrieren freitags für mehr Klimaschutz - zu Recht. Die
jungen Leute könnten ebenso gut für mehr Gerechtigkeit zwischen den
Generationen auf die Straße gehen. Beim - verständlichen - Streit um
den Haushalt sollte freilich nicht übersehen werden, dass im
Scholz-Paket für die nächsten Jahre auch steuerliche Entlastungen von
rund 25 Milliarden Euro stecken. Den Löwenanteil echter Verbesserung
bringt die Abschaffung des Soli für rund 90 Prozent der
Einkommenssteuerzahler. Auch ist es aller Ehren wert, dass sich
Scholz, anders als seine Vorgänger, daran macht, die sogenannte kalte
Progression auszugleichen, die Lohnzuwächse kräftig auffrisst.
Freilich sind auch dies keine "Steuergeschenke", wie manche
vorschnell meinen, sondern die Bürger können etwas mehr von dem in
der Tasche behalten, was sie zuvor erarbeitet haben.
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