21.07.2019 21:55 | Mittelbayerische Zeitung | Presseschau
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu E-Scootern: Unschöne Wahrheiten über E-Roller von Jana Wolf
Regensburg (ots) - Ist doch schön, wenn Ökologie und Verkehrswende
auch noch Spaß machen, oder nicht? Das Vergnügen ist neuerdings
anhand der E-Tretroller in Deutschlands Städten zu beobachten, zum
Beispiel in Berlin. Umweltfreundlich, weil elektrisch motorisiert
sausen Schüler, Berufstätige und Touristen munter durch die
Hauptstadt. Fast lautlos gleiten sie dahin, schlängeln sich an
Autoschlangen in verstopften Straßen vorbei, kreuzen und kreiseln,
mal zu zweit auf einem Gefährt, auch mal gegen die Fahrtrichtung,
jederzeit an jeder beliebigen Ecke parkbereit. Seit 15. Juni sind die
sogenannten Elektrokleinstfahrzeuge in Deutschland gesetzlich
erlaubt. Nicht nur in Berlin ist die Roller-Gaudi zu erleben. Erste
Erhebungen gehen von mindestens 14 deutschen Städten aus, in denen
die Tretroller zur Miete angeboten werden, Tausende sind bereits
zugelassen. So schön kann die Verkehrswende à la Minister Andreas
Scheuer also sein. Oder etwa nicht? Leider nein. Die ersten
Praxis-Erfahrungen fördern drei unschöne Wahrheiten über die Roller
zutage. Nummer 1: Es hapert bei der Sicherheit. Schon in den ersten
Wochen seit der Erlaubnis häufen sich die Meldungen über Unfälle.
Allein die Berliner Polizei hat im ersten Monat 21 Unfälle
registriert, an denen die neuen Fahrzeuge beteiligt waren, 18 davon
verursacht von E-Roller-Fahrern. Gefährlich sind die
Elektro-Geschosse nicht nur, weil schon 14-Jährige mit noch wenig
Verkehrserfahrung mit bis zu 20 km/h durchs Getümmel düsen dürfen.
Auch gilt keine Helmpflicht, auf Gehwegen abgestellte Roller
behindern Passanten, Fahrer wurden betrunken erwischt. Die
Gewerkschaft der Polizei (GdP) weist zurecht darauf hin, dass viele
Menschen den Verkehr in großen Städten ohnehin schon als Konfliktzone
empfinden. Die Tretroller würden die Situationen nur noch
verschärfen. Stimmt. Nummer 2: Die Verantwortung dafür, die zutage
getretenen Probleme zu lösen, wird weitergereicht. Roller-Minister
Scheuer, dem die Gefährte überhaupt erst zu verdanken sind, sieht nun
die Kommunen in der Pflicht. Konkret fordert er Städte und Kommunen
zu härterem Durchgreifen und strengeren Kontrollen auf. Diese
allerdings erklären sich für nicht zuständig. In Reaktion auf
Scheuers Appell weist der Städtetag darauf hin, dass
Verkehrskontrollen und Sanktionen Aufgabe der Polizei seien. Und da
er schon einmal dabei ist, fordert der Verband seinerseits gleich
noch eine Informationskampagne des Bundes, um besser über die Roller
aufzuklären. Die Polizei wiederum hält mehr Kontrollen zwar für
sinnvoll, hat aber nicht genügend Personal. Die GdP nutzt die Gunst
der Stunde, über ausgedünnte Kräfte bei der Verkehrsüberwachung zu
klagen. Kurzum: Die Probleme sind da, aber keiner kann sie lösen.
Nummer 3: Die ökologischen Vorteile sind ein Trugschluss. Wenn
Scheuer von einer "echten zusätzlichen Alternative zum Auto" spricht,
blendet er aus, dass die E-Roller für längere Strecken ungeeignet
sind. Es fehlt an Akkukapazität und Fahrkomfort. Genutzt werden die
Roller meist für kurze Wege, die bisher mit dem Rad oder zu Fuß
zurückgelegt wurden. Zwar stoßen die Roller keine direkten
Emmissionen aus. Aber zum einen müssen Strom und Akkus erst
produziert werden. Zum anderen zeigen Erfahrungen aus den USA, dass
die Gefährte nur eine Lebensdauer von wenigen Wochen bis Monaten
haben, wegen geringer Qualität durch Massenproduktion und
Vandalismus. Ökologisch? Fehlanzeige. So schön es auch wäre, so
leicht ist eine echte Verkehrswende eben nicht zu haben. Zu wünschen
wären mutige Signale und größere Ideen für neue Mobilitätskonzepte
aus dem Verkehrsministerium. Mit kleinen Schritten wie
E-Kleinstfahrzeug-Zulassungen wird man Klima, Umwelt und Luftqualität
nicht retten. Da muss man den bekennenden Tretroller-Fan Scheuer
leider enttäuschen.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
auch noch Spaß machen, oder nicht? Das Vergnügen ist neuerdings
anhand der E-Tretroller in Deutschlands Städten zu beobachten, zum
Beispiel in Berlin. Umweltfreundlich, weil elektrisch motorisiert
sausen Schüler, Berufstätige und Touristen munter durch die
Hauptstadt. Fast lautlos gleiten sie dahin, schlängeln sich an
Autoschlangen in verstopften Straßen vorbei, kreuzen und kreiseln,
mal zu zweit auf einem Gefährt, auch mal gegen die Fahrtrichtung,
jederzeit an jeder beliebigen Ecke parkbereit. Seit 15. Juni sind die
sogenannten Elektrokleinstfahrzeuge in Deutschland gesetzlich
erlaubt. Nicht nur in Berlin ist die Roller-Gaudi zu erleben. Erste
Erhebungen gehen von mindestens 14 deutschen Städten aus, in denen
die Tretroller zur Miete angeboten werden, Tausende sind bereits
zugelassen. So schön kann die Verkehrswende à la Minister Andreas
Scheuer also sein. Oder etwa nicht? Leider nein. Die ersten
Praxis-Erfahrungen fördern drei unschöne Wahrheiten über die Roller
zutage. Nummer 1: Es hapert bei der Sicherheit. Schon in den ersten
Wochen seit der Erlaubnis häufen sich die Meldungen über Unfälle.
Allein die Berliner Polizei hat im ersten Monat 21 Unfälle
registriert, an denen die neuen Fahrzeuge beteiligt waren, 18 davon
verursacht von E-Roller-Fahrern. Gefährlich sind die
Elektro-Geschosse nicht nur, weil schon 14-Jährige mit noch wenig
Verkehrserfahrung mit bis zu 20 km/h durchs Getümmel düsen dürfen.
Auch gilt keine Helmpflicht, auf Gehwegen abgestellte Roller
behindern Passanten, Fahrer wurden betrunken erwischt. Die
Gewerkschaft der Polizei (GdP) weist zurecht darauf hin, dass viele
Menschen den Verkehr in großen Städten ohnehin schon als Konfliktzone
empfinden. Die Tretroller würden die Situationen nur noch
verschärfen. Stimmt. Nummer 2: Die Verantwortung dafür, die zutage
getretenen Probleme zu lösen, wird weitergereicht. Roller-Minister
Scheuer, dem die Gefährte überhaupt erst zu verdanken sind, sieht nun
die Kommunen in der Pflicht. Konkret fordert er Städte und Kommunen
zu härterem Durchgreifen und strengeren Kontrollen auf. Diese
allerdings erklären sich für nicht zuständig. In Reaktion auf
Scheuers Appell weist der Städtetag darauf hin, dass
Verkehrskontrollen und Sanktionen Aufgabe der Polizei seien. Und da
er schon einmal dabei ist, fordert der Verband seinerseits gleich
noch eine Informationskampagne des Bundes, um besser über die Roller
aufzuklären. Die Polizei wiederum hält mehr Kontrollen zwar für
sinnvoll, hat aber nicht genügend Personal. Die GdP nutzt die Gunst
der Stunde, über ausgedünnte Kräfte bei der Verkehrsüberwachung zu
klagen. Kurzum: Die Probleme sind da, aber keiner kann sie lösen.
Nummer 3: Die ökologischen Vorteile sind ein Trugschluss. Wenn
Scheuer von einer "echten zusätzlichen Alternative zum Auto" spricht,
blendet er aus, dass die E-Roller für längere Strecken ungeeignet
sind. Es fehlt an Akkukapazität und Fahrkomfort. Genutzt werden die
Roller meist für kurze Wege, die bisher mit dem Rad oder zu Fuß
zurückgelegt wurden. Zwar stoßen die Roller keine direkten
Emmissionen aus. Aber zum einen müssen Strom und Akkus erst
produziert werden. Zum anderen zeigen Erfahrungen aus den USA, dass
die Gefährte nur eine Lebensdauer von wenigen Wochen bis Monaten
haben, wegen geringer Qualität durch Massenproduktion und
Vandalismus. Ökologisch? Fehlanzeige. So schön es auch wäre, so
leicht ist eine echte Verkehrswende eben nicht zu haben. Zu wünschen
wären mutige Signale und größere Ideen für neue Mobilitätskonzepte
aus dem Verkehrsministerium. Mit kleinen Schritten wie
E-Kleinstfahrzeug-Zulassungen wird man Klima, Umwelt und Luftqualität
nicht retten. Da muss man den bekennenden Tretroller-Fan Scheuer
leider enttäuschen.
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Politik , Presseschau ,
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