21.01.2020 21:17 | Rheinische Post | Presseschau
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Kommentar / Der Sonderweg und seine Symbole = Von Moritz Döbler
Düsseldorf (ots) - Als der Kompromiss über den Ausstieg aus der Kohle jüngst
verkündet wurde, schien eine der wesentlichen Botschaften die Rettung des
Hambacher Forsts zu sein. Keine Frage, Bäume sind leichter zu begreifen als eine
abstrakt erscheinende, langfristig wirkende und umfassende Transformation der
deutschen Wirtschaft. Den Sonderweg, nahezu gleichzeitig aus der
Kohleverstromung und der Atomenergie auszusteigen, gibt es nicht gratis. Das
muss nicht heißen, dass er falsch wäre; politisch legitimiert ist er. Dennoch
fehlt es in der Debatte an Ernst und Ehrlichkeit, stattdessen widmet sie sich
häufig Symbolen wie dem Hambacher Forst, und verläuft erratisch. So sollte
Morschenich eben noch dem Tagebau Garzweiler weichen und wird jetzt verschont;
allerdings nachdem die meisten Bewohner umgesiedelt sind. Die Regierenden tun
sich, über die Parteigrenzen hinweg, zunehmend schwer, mit geradem Rücken das
Gemeinwohl über Partikularinteressen zu stellen und ihre Vorhaben durch den
nächsten Shitstorm zu retten. Die einstigen Volksparteien scheinen sich ihrer
Selbst nicht mehr sicher zu sein. So springen sie über Stöckchen, die ihnen die
AfD hinhält, und so überbieten sie sich dabei, über Klimaschutz zu reden. Weil
das die Glaubwürdigkeit senkt, begeben sie sich in eine Abwärtsspirale. Wenn die
Chancen des einstigen Exportweltmeisters darin liegen sollten, schneller als
alle anderen großen Industriestaaten nachhaltig zu wirtschaften, dann müssen
sich die Deutschen ehrlich machen. Dann zählen im Zweifel ein paar Bäume und ein
paar Häuser wenig, denn dann geht es ums Ganze. Dann muss auch klar sein, dass
Windräder dort stehen, wo es nicht allen passt. Dann müssen Stromtrassen quer
durchs Land gebaut werden. Und all das muss, wenn das denn der Weg sein soll,
zügig passieren, denn sonst verliert die Wirtschaft den Anschluss.
www.rp-online.de
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2627
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/30621/4498561
OTS: Rheinische Post
Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell
verkündet wurde, schien eine der wesentlichen Botschaften die Rettung des
Hambacher Forsts zu sein. Keine Frage, Bäume sind leichter zu begreifen als eine
abstrakt erscheinende, langfristig wirkende und umfassende Transformation der
deutschen Wirtschaft. Den Sonderweg, nahezu gleichzeitig aus der
Kohleverstromung und der Atomenergie auszusteigen, gibt es nicht gratis. Das
muss nicht heißen, dass er falsch wäre; politisch legitimiert ist er. Dennoch
fehlt es in der Debatte an Ernst und Ehrlichkeit, stattdessen widmet sie sich
häufig Symbolen wie dem Hambacher Forst, und verläuft erratisch. So sollte
Morschenich eben noch dem Tagebau Garzweiler weichen und wird jetzt verschont;
allerdings nachdem die meisten Bewohner umgesiedelt sind. Die Regierenden tun
sich, über die Parteigrenzen hinweg, zunehmend schwer, mit geradem Rücken das
Gemeinwohl über Partikularinteressen zu stellen und ihre Vorhaben durch den
nächsten Shitstorm zu retten. Die einstigen Volksparteien scheinen sich ihrer
Selbst nicht mehr sicher zu sein. So springen sie über Stöckchen, die ihnen die
AfD hinhält, und so überbieten sie sich dabei, über Klimaschutz zu reden. Weil
das die Glaubwürdigkeit senkt, begeben sie sich in eine Abwärtsspirale. Wenn die
Chancen des einstigen Exportweltmeisters darin liegen sollten, schneller als
alle anderen großen Industriestaaten nachhaltig zu wirtschaften, dann müssen
sich die Deutschen ehrlich machen. Dann zählen im Zweifel ein paar Bäume und ein
paar Häuser wenig, denn dann geht es ums Ganze. Dann muss auch klar sein, dass
Windräder dort stehen, wo es nicht allen passt. Dann müssen Stromtrassen quer
durchs Land gebaut werden. Und all das muss, wenn das denn der Weg sein soll,
zügig passieren, denn sonst verliert die Wirtschaft den Anschluss.
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