21.08.2019 20:30 | Fuldaer Zeitung | Presseschau
0 00,00 0 Bewertung(en) Bewertung schreiben
0 00,00 0 Bewertung(en) Bewertung schreiben
FZ: Was notwendig und richtig wäre Kommentar der Fuldaer Zeitung zur Abschaffung des Soli (21.08.2019)
Fulda (ots) - Erinnern Sie sich noch? 1990 sagte der damalige
Bundeskanzler Helmut Kohl, zur Finanzierung der deutschen Einheit
werde es keine Steuererhöhung geben. Um nicht wortbrüchig zu werden,
wurde dann ein Jahr später dem Kind einfach ein anderer Name gegeben.
Der "Solidaritätszuschlag" spülte - zunächst befristet auf ein Jahr,
ab 1995 dauerhaft - bis heute fast 350 Milliarden Euro in die
Staatskasse. Ehrlich war das Soli-System nie, denn zweckgebunden für
den "Aufbau Ost" wird das Geld nicht ausgegeben. Es fließt in den
allgemeinen Bundeshaushalt. Solche Zurechtbiegungen kennen wir ja von
anderen Abgaben: Rasen für die Rente, Rauchen für die Sicherheit. Nun
aber wird auch die Abschaffung des Soli zu einem Fall von Heuchelei.
Es mag schön klingen, dass neun von zehn Bürger von der Sondersteuer
befreit werden sollen, doch das ist nur die halbe Wahrheit.
Wieder haben sich die Koalitionäre in Berlin auf einen Deal
geeinigt, der taktischen Überlegungen folgt und nicht dem, was
notwendig und richtig wäre. Notwendig und richtig wäre eine
vollständige Abschaffung des Soli für alle, da der Sonderabgabe mit
dem Auslaufen des Solidarpakts die Grundlage fehlt. Formal sauber
wäre, dass die Politik, wenn sie denn weiterhin mehr Belastungen auf
starken Schultern abladen will als auf schwachen, das Kind beim Namen
nennt und eine Reichensteuer einführt. So aber plant Finanzminister
Scholz eine Reichensteuer durch die Hintertür. Die Genossen jubeln,
die Union gibt - wieder einmal - klein bei, um die Koalition nicht zu
gefährden.
Zudem bleiben auch bei der praktischen Umsetzung Fragezeichen: So
müssen Anleger, die mehr Einkünfte aus Kapital erzielen als 801 Euro
im Jahr, weiterhin Soli auf ihre Erträge bezahlen. Wer noch gut
verzinste Sparverträge aus der Vergangenheit hat, kann sich zwar in
Zeiten von Negativzinsen glücklich schätzen, ist aber beim Thema Soli
der Dumme. Auch auf die Körperschaftssteuer wird der Soli weiter
fällig, was vor allem kleine Unternehmen trifft. Auch hier wurde
keine wirklich nachvollziehbare und klare Linie gezogen.
Halbgare Lösungen wie diese werfen die Frage auf, ob die Politik
die finale Entscheidung über das Thema nicht bewusst anderen
überlässt. In der Union gehen nicht wenige davon aus, dass die
Verfassungsrichter die Regelung kassieren werden. Doch ob dann Scholz
noch in Amt und Würden ist, steht in den Sternen. Allemal verdeckt
die Koalition mit ihrem Kompromiss das eigentliche Problem: Das
Steuer- und Abgabensystem ist immer noch viel zu kompliziert. Wieder
wird eine Chance vertan, eine Reform anzustoßen, die diesen Namen
verdient. / Bernd Loskant
Pressekontakt:
Fuldaer Zeitung
Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de
Original-Content von: Fuldaer Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Bundeskanzler Helmut Kohl, zur Finanzierung der deutschen Einheit
werde es keine Steuererhöhung geben. Um nicht wortbrüchig zu werden,
wurde dann ein Jahr später dem Kind einfach ein anderer Name gegeben.
Der "Solidaritätszuschlag" spülte - zunächst befristet auf ein Jahr,
ab 1995 dauerhaft - bis heute fast 350 Milliarden Euro in die
Staatskasse. Ehrlich war das Soli-System nie, denn zweckgebunden für
den "Aufbau Ost" wird das Geld nicht ausgegeben. Es fließt in den
allgemeinen Bundeshaushalt. Solche Zurechtbiegungen kennen wir ja von
anderen Abgaben: Rasen für die Rente, Rauchen für die Sicherheit. Nun
aber wird auch die Abschaffung des Soli zu einem Fall von Heuchelei.
Es mag schön klingen, dass neun von zehn Bürger von der Sondersteuer
befreit werden sollen, doch das ist nur die halbe Wahrheit.
Wieder haben sich die Koalitionäre in Berlin auf einen Deal
geeinigt, der taktischen Überlegungen folgt und nicht dem, was
notwendig und richtig wäre. Notwendig und richtig wäre eine
vollständige Abschaffung des Soli für alle, da der Sonderabgabe mit
dem Auslaufen des Solidarpakts die Grundlage fehlt. Formal sauber
wäre, dass die Politik, wenn sie denn weiterhin mehr Belastungen auf
starken Schultern abladen will als auf schwachen, das Kind beim Namen
nennt und eine Reichensteuer einführt. So aber plant Finanzminister
Scholz eine Reichensteuer durch die Hintertür. Die Genossen jubeln,
die Union gibt - wieder einmal - klein bei, um die Koalition nicht zu
gefährden.
Zudem bleiben auch bei der praktischen Umsetzung Fragezeichen: So
müssen Anleger, die mehr Einkünfte aus Kapital erzielen als 801 Euro
im Jahr, weiterhin Soli auf ihre Erträge bezahlen. Wer noch gut
verzinste Sparverträge aus der Vergangenheit hat, kann sich zwar in
Zeiten von Negativzinsen glücklich schätzen, ist aber beim Thema Soli
der Dumme. Auch auf die Körperschaftssteuer wird der Soli weiter
fällig, was vor allem kleine Unternehmen trifft. Auch hier wurde
keine wirklich nachvollziehbare und klare Linie gezogen.
Halbgare Lösungen wie diese werfen die Frage auf, ob die Politik
die finale Entscheidung über das Thema nicht bewusst anderen
überlässt. In der Union gehen nicht wenige davon aus, dass die
Verfassungsrichter die Regelung kassieren werden. Doch ob dann Scholz
noch in Amt und Würden ist, steht in den Sternen. Allemal verdeckt
die Koalition mit ihrem Kompromiss das eigentliche Problem: Das
Steuer- und Abgabensystem ist immer noch viel zu kompliziert. Wieder
wird eine Chance vertan, eine Reform anzustoßen, die diesen Namen
verdient. / Bernd Loskant
Pressekontakt:
Fuldaer Zeitung
Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de
Original-Content von: Fuldaer Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Schlagwörter
Politik , Presseschau ,
Das könnte Sie auch interessieren
Beermann zur neuen zentralen Stelle Arbeitsmigration: "Entscheidender Schritt für internationale Pflegekräfte." / bpa begrüßt Bündelung der Anerkennungsprozesse durch neue Anlaufstelle
Schwerin (ots) - Zur Einrichtung einer "Zentralen Stelle Arbeitsmigration" durch das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern zum 1. April 2024 sagt der Landesvorsitzende des Bundesverbandes privater...Artikel lesenKraftfahrt-Bundesamt hat geprüft: Auch neuere Fiat Ducato-Fahrzeuge und -Wohnmobile enthalten illegale Abschalteinrichtungen
Bremen (ots) - Für den Hersteller FCA Italy S.p.A. bzw. aktuell Stellantis Europe S.p.A. steht neuer Ärger ins Haus. Dabei scheint man dort aus der Historie und der Aufarbeitung des Dieselabgasskand...Artikel lesenAndrew Ullmann (FDP) zur Pandemie-Aufarbeitung: Es bestehe eine Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern
Würzburg/Bonn (ots) - Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Andrew Ullmann, bekräftigt beim Fernsehsender phoenix erneut die Forderung nach einer Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Pandem...Artikel lesenRobin Gosens zu Gast im "aktuellen sportstudio" des ZDF / Max Eberl Interviewgast nach dem Bundesliga-Klassiker am Samstagabend
Mainz (ots) - Im "aktuellen sportstudio" steht am Samstag, 30. März 2024, der Bundesliga-Klassiker Bayern München – Borussia Dortmund im Fokus. Die ersten frei empfangbaren Bilder vom Samstagabendsp...Artikel lesen"ARD-Podcast Plusminus. Mehr als nur Wirtschaft." / Ab 17. April 2024 in der ARD Audiothek
Mainz (ots) - Hintergründiger Wirtschaftspodcast mit Anna Planken und David Ahlf / Ab 17. April 2024 immer mittwochs in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt Wirtschaft betrifft alle....Artikel lesenMeistgelesen
- Der goldene Hase in München (FOTO)
- Weltberühmte Jahrhundertfotografie von DDR-Flucht wird versteigert / Mit dem "Sprung in die Freiheit" von Peter Leibing unterstützt United Charity schwerkranke Kinder (FOTO)
- Das Erste: "Verliebt in Kroatien" (FOTO)
- PwC: Authentifizierung per Fingerabdruck ist im Mobile Banking eine Generationenfrage
- DER BESTE EXPORT SEIT LEGO! / Standing Ovations für den LADYDOC aus Dänemark / Sensation beim 14. Internationalen Speaker Slam
Meist kommentiert
- Quietschgelber Bienenfutter Automat in Fischbachtal
- Stoppt die Überfischung in der Ostsee: Deutsche Umwelthilfe und Our Fish fordern konsequente Umsetzung der wissenschaftlichen Empfehlungen für 2022
- Der Hund ist, was er isst
- Das Erste: "Und wenn das fünfte Lichtlein brennt" (AT): Weihnachtliche Komödie mit Henning Baum, Elena Uhlig, Meike Droste, Michael Lott, Max von Pufendorf, Daniel Donskoy, Tim Kalkhof u.v.m. im Dreh (FOTO)
- Einzigartiges Quiz-Tainment am Vorabend: Ruth Moschner und Steven Gätjen moderieren neue Quiz-Shows in SAT.1 (FOTO)