28.03.2019 10:11 | Wissenschaftliches Institut der AOK | Gesundheit / Medizin
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Krankenhaus-Report 2019: Digitalisierungs-Rückstand in deutschen Krankenhäusern
Berlin (ots) - Die Krankenhäuser in Deutschland haben erheblichen
Nachholbedarf bei der Digitalisierung und beim Technologieeinsatz,
wie der neue Krankenhaus-Report des Wissenschaftlichen Instituts der
AOK (WIdO) zeigt. So erreichten die deutschen Krankenhäuser 2017 in
einem internationalen Vergleich auf einer Digitalisierungs-Skala von
Stufe 0 bis 7 im Durchschnitt nur den Wert 2,3 und lagen damit unter
dem EU-Durchschnitt von 3,6. Besonders deutlich zeigt sich der
mangelnde Wandel bei den kleinen Krankenhäusern unter 200 Betten, die
im Mittel nur den Wert 1,3 erreichten.
Im neuen Krankenhaus-Report "Das digitale Krankenhaus" gehen
verschiedene Autoren der Frage nach, wie die Digitalisierung die
stationäre Gesundheitsversorgung verändern wird. Zur Einschätzung des
Digitalisierungsgrades deutscher Kliniken nutzen die Autoren des
Fachgebiets Management im Gesundheitswesen von der Technischen
Universität (TU) Berlin das "Electronic Medical Record Adoption Model
(EMRAM)". Danach können Krankenhäuser eine Stufe von 0 bis 7
erreichen, wobei das Erreichen einer Stufe die Erfüllung der
vorhergehenden impliziert. Stufe 0 bedeutet, dass kaum digital
gearbeitet wird, während Stufe 7 einem papierlosen Krankenhaus
entspricht. Für die Studie wurden die Daten von 167 deutschen
Krankenhäusern ausgewertet, die derzeit nach dem EMRAM-Modell
zertifiziert sind. Danach erreichten 2017 knapp 40 Prozent der
untersuchten Kliniken nur die Stufe 0. Lediglich zwei Krankenhäuser
der Maximalversorgung erfüllten die Anforderungen der Stufe 6. Kein
einziges der zertifizierten Häuser in Deutschland schaffte die Stufe
7.
Die Ergebnisse verweisen auf einen niedrigen Digitalisierungsgrad
in deutschen Krankenhäusern. Während Deutschland mit dem Wert von 2,3
knapp 40 Prozent unter dem EU-Durchschnitt von 3,6 liegt, erreichen
Länder wie die Niederlande (4,8), Dänemark (5,4) oder auch die USA
(5,3) deutlich bessere Ergebnisse. "Der Digitalisierungs-Rückstand in
deutschen Krankenhäusern ist mehr als deutlich. Dies ist das klare
Fazit, auch wenn für die Studie nur die zertifizierten Krankenhäuser
ausgewertet wurden", sagt Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO.
"Für die unzureichende Digitalisierung gibt es viele Ursachen. Dazu
gehört neben der mangelhaften Investitionskostenfinanzierung durch
die Bundesländer auch eine mangelnde Innovationskultur in den
Häusern. Vollzieht man die aufgrund von Überkapazitäten und
Qualitätsdefiziten zweifellos notwendige Strukturbereinigung, hätte
dies auch positive Konsequenzen für den notwendigen Fortschritt bei
der Digitalisierung. Digitale Systeme könnten dann deutlich leichter
Einzug halten."
Denn es sind vor allem die kleinen Krankenhäuser, die den größten
Rückstand bei der Digitalisierung zeigen. So kamen die Krankenhäuser
mit weniger als 200 Betten nur auf den durchschnittlichen EMRAM-Wert
von 1,3. Aber auch die Krankenhäuser mit über 500 Betten erreichten
mit einem Wert von 3,4 im Mittel nur knapp den europäischen
Durchschnitt.
Weitere Analysen im neuen Krankenhaus-Report stützen diese
Erkenntnisse. So untersucht der IT-Report Gesundheitswesen der
Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen (IGW) an der
Hochschule Osnabrück seit 16 Jahren den Stand der Digitalisierung und
des Technologieeinsatzes in deutschen Krankenhäusern. Auf Basis der
Daten des Jahres 2017 von 205 Krankenhäusern attestiert der IT-Report
den deutschen Krankenhäusern ein beträchtliches
Verbesserungspotenzial. So liegt die maximal erreichbare Punktzahl
bei diesem Verfahren bei 100 Punkten, doch die Kliniken kamen bei der
Gesamtauswertung aller betrachteten Prozesse nur auf durchschnittlich
55 Punkte. Dabei ist der Aufnahmeprozess am schwächsten digitalisiert
(durchschnittlich 44 Punkte), vergleichsweise stark digitalisiert
zeigt sich der Prozess der OP-Vorbereitung (durchschnittlich 65
Punkte). Neben diesen Prozessen beleuchtet die IGW auch die
Innovationsfähigkeit der Häuser und die Professionalisierung des
Informationsmanagements - mit deutlich unterdurchschnittlichem
Ergebnis: Beispielsweise beim Score Innovationskultur erreichen die
betrachteten Häuser im Mittel 44 Punkte, bei der
Innovationsorientierung der IT-Leitung 42.
"Dabei bietet eine stärkere Digitalisierung viele Vorteile. Durch
die Veränderung interner Abläufe und institutionenübergreifender
Prozesse lässt sich beispielsweise die Versorgungskette
wirtschaftlicher gestalten. Zudem werden interne und externe
Vernetzungen erleichtert und Informationsströme beschleunigt, was die
Qualität der Patientenversorgung verbessert", so Jürgen Klauber. Als
international beachtetes Musterbeispiel des digitalen Wandels gelte
Dänemark, das diesen Prozess seit 1990 auf den Weg gebracht hat.
In Deutschland hat das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
(UKE) früh einen solchen digitalen Transformationsprozess gestartet.
Wie die Autoren vom UKE im Krankenhaus-Report 2019 darstellen, wird
zum Beispiel ein geschlossener digitaler Medikationsprozess
umgesetzt. Durch diesen werden von der Verordnung bis zur
Aushändigung von Medikamenten Übertragungs- und Kommunikationsfehler
bzw. Abgabefehler am Bett nahezu ausgeschlossen und somit die
Patientensicherheit erhöht. Zugleich habe sich der beschrittene Pfad
einer radikalen Digitalisierung und Prozessorientierung aber auch
positiv auf die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses ausgewirkt und
sich wirtschaftlich ausgezahlt.
Der Krankenhaus-Report 2019 "Das digitale Krankenhaus" analysiert
den Stand und das Potenzial der Digitalisierung in Deutschland. Er
thematisiert unter anderem die Nutzung von Krankenhaus-IT im
internationalen Vergleich, die Voraussetzungen und Möglichkeiten
einer umfassenden Nutzung von IT im Krankenhaus, elektronische
Patientenakten, den Wandel der Berufsbilder durch digitale Technik
oder auch Aspekte der digitalen Transformation und der
Patientenversorgung. Ergänzt wird das Schwerpunktthema um eine
krankenhauspolitische Chronik sowie einen umfangreichen Datenteil.
Hinweis an die Redaktionen:
Weitere Informationen und Download des Buches unter www.wido.de
Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J (Hrsg.)
Krankenhaus-Report 2019, Schwerpunkt: Das digitale Krankenhaus.
Springer, Berlin Heidelberg 2019.
ISBN Printausgabe: 978-3-662-88224-4, 376 Seiten; 53,49 EUR
E-Book 978-3-662-58225-1; Open Access:
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-58225-1
Pressekontakt:
Wissenschaftliches Institut der AOK
Pressestelle
Christine Göpner-Reinecke
Tel: 030 / 346 46 2298
E-Mail: presse@wido.bv.aok.de
Original-Content von: Wissenschaftliches Institut der AOK, übermittelt durch news aktuell
Nachholbedarf bei der Digitalisierung und beim Technologieeinsatz,
wie der neue Krankenhaus-Report des Wissenschaftlichen Instituts der
AOK (WIdO) zeigt. So erreichten die deutschen Krankenhäuser 2017 in
einem internationalen Vergleich auf einer Digitalisierungs-Skala von
Stufe 0 bis 7 im Durchschnitt nur den Wert 2,3 und lagen damit unter
dem EU-Durchschnitt von 3,6. Besonders deutlich zeigt sich der
mangelnde Wandel bei den kleinen Krankenhäusern unter 200 Betten, die
im Mittel nur den Wert 1,3 erreichten.
Im neuen Krankenhaus-Report "Das digitale Krankenhaus" gehen
verschiedene Autoren der Frage nach, wie die Digitalisierung die
stationäre Gesundheitsversorgung verändern wird. Zur Einschätzung des
Digitalisierungsgrades deutscher Kliniken nutzen die Autoren des
Fachgebiets Management im Gesundheitswesen von der Technischen
Universität (TU) Berlin das "Electronic Medical Record Adoption Model
(EMRAM)". Danach können Krankenhäuser eine Stufe von 0 bis 7
erreichen, wobei das Erreichen einer Stufe die Erfüllung der
vorhergehenden impliziert. Stufe 0 bedeutet, dass kaum digital
gearbeitet wird, während Stufe 7 einem papierlosen Krankenhaus
entspricht. Für die Studie wurden die Daten von 167 deutschen
Krankenhäusern ausgewertet, die derzeit nach dem EMRAM-Modell
zertifiziert sind. Danach erreichten 2017 knapp 40 Prozent der
untersuchten Kliniken nur die Stufe 0. Lediglich zwei Krankenhäuser
der Maximalversorgung erfüllten die Anforderungen der Stufe 6. Kein
einziges der zertifizierten Häuser in Deutschland schaffte die Stufe
7.
Die Ergebnisse verweisen auf einen niedrigen Digitalisierungsgrad
in deutschen Krankenhäusern. Während Deutschland mit dem Wert von 2,3
knapp 40 Prozent unter dem EU-Durchschnitt von 3,6 liegt, erreichen
Länder wie die Niederlande (4,8), Dänemark (5,4) oder auch die USA
(5,3) deutlich bessere Ergebnisse. "Der Digitalisierungs-Rückstand in
deutschen Krankenhäusern ist mehr als deutlich. Dies ist das klare
Fazit, auch wenn für die Studie nur die zertifizierten Krankenhäuser
ausgewertet wurden", sagt Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO.
"Für die unzureichende Digitalisierung gibt es viele Ursachen. Dazu
gehört neben der mangelhaften Investitionskostenfinanzierung durch
die Bundesländer auch eine mangelnde Innovationskultur in den
Häusern. Vollzieht man die aufgrund von Überkapazitäten und
Qualitätsdefiziten zweifellos notwendige Strukturbereinigung, hätte
dies auch positive Konsequenzen für den notwendigen Fortschritt bei
der Digitalisierung. Digitale Systeme könnten dann deutlich leichter
Einzug halten."
Denn es sind vor allem die kleinen Krankenhäuser, die den größten
Rückstand bei der Digitalisierung zeigen. So kamen die Krankenhäuser
mit weniger als 200 Betten nur auf den durchschnittlichen EMRAM-Wert
von 1,3. Aber auch die Krankenhäuser mit über 500 Betten erreichten
mit einem Wert von 3,4 im Mittel nur knapp den europäischen
Durchschnitt.
Weitere Analysen im neuen Krankenhaus-Report stützen diese
Erkenntnisse. So untersucht der IT-Report Gesundheitswesen der
Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen (IGW) an der
Hochschule Osnabrück seit 16 Jahren den Stand der Digitalisierung und
des Technologieeinsatzes in deutschen Krankenhäusern. Auf Basis der
Daten des Jahres 2017 von 205 Krankenhäusern attestiert der IT-Report
den deutschen Krankenhäusern ein beträchtliches
Verbesserungspotenzial. So liegt die maximal erreichbare Punktzahl
bei diesem Verfahren bei 100 Punkten, doch die Kliniken kamen bei der
Gesamtauswertung aller betrachteten Prozesse nur auf durchschnittlich
55 Punkte. Dabei ist der Aufnahmeprozess am schwächsten digitalisiert
(durchschnittlich 44 Punkte), vergleichsweise stark digitalisiert
zeigt sich der Prozess der OP-Vorbereitung (durchschnittlich 65
Punkte). Neben diesen Prozessen beleuchtet die IGW auch die
Innovationsfähigkeit der Häuser und die Professionalisierung des
Informationsmanagements - mit deutlich unterdurchschnittlichem
Ergebnis: Beispielsweise beim Score Innovationskultur erreichen die
betrachteten Häuser im Mittel 44 Punkte, bei der
Innovationsorientierung der IT-Leitung 42.
"Dabei bietet eine stärkere Digitalisierung viele Vorteile. Durch
die Veränderung interner Abläufe und institutionenübergreifender
Prozesse lässt sich beispielsweise die Versorgungskette
wirtschaftlicher gestalten. Zudem werden interne und externe
Vernetzungen erleichtert und Informationsströme beschleunigt, was die
Qualität der Patientenversorgung verbessert", so Jürgen Klauber. Als
international beachtetes Musterbeispiel des digitalen Wandels gelte
Dänemark, das diesen Prozess seit 1990 auf den Weg gebracht hat.
In Deutschland hat das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
(UKE) früh einen solchen digitalen Transformationsprozess gestartet.
Wie die Autoren vom UKE im Krankenhaus-Report 2019 darstellen, wird
zum Beispiel ein geschlossener digitaler Medikationsprozess
umgesetzt. Durch diesen werden von der Verordnung bis zur
Aushändigung von Medikamenten Übertragungs- und Kommunikationsfehler
bzw. Abgabefehler am Bett nahezu ausgeschlossen und somit die
Patientensicherheit erhöht. Zugleich habe sich der beschrittene Pfad
einer radikalen Digitalisierung und Prozessorientierung aber auch
positiv auf die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses ausgewirkt und
sich wirtschaftlich ausgezahlt.
Der Krankenhaus-Report 2019 "Das digitale Krankenhaus" analysiert
den Stand und das Potenzial der Digitalisierung in Deutschland. Er
thematisiert unter anderem die Nutzung von Krankenhaus-IT im
internationalen Vergleich, die Voraussetzungen und Möglichkeiten
einer umfassenden Nutzung von IT im Krankenhaus, elektronische
Patientenakten, den Wandel der Berufsbilder durch digitale Technik
oder auch Aspekte der digitalen Transformation und der
Patientenversorgung. Ergänzt wird das Schwerpunktthema um eine
krankenhauspolitische Chronik sowie einen umfangreichen Datenteil.
Hinweis an die Redaktionen:
Weitere Informationen und Download des Buches unter www.wido.de
Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J (Hrsg.)
Krankenhaus-Report 2019, Schwerpunkt: Das digitale Krankenhaus.
Springer, Berlin Heidelberg 2019.
ISBN Printausgabe: 978-3-662-88224-4, 376 Seiten; 53,49 EUR
E-Book 978-3-662-58225-1; Open Access:
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-58225-1
Pressekontakt:
Wissenschaftliches Institut der AOK
Pressestelle
Christine Göpner-Reinecke
Tel: 030 / 346 46 2298
E-Mail: presse@wido.bv.aok.de
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